RDGEG § 4 Abs. 1, Abs. 4; ZPO §§ 91 Abs. 2 S. 3, 788

Leitsatz

Inkassounternehmen können im Zwangsvollstreckungsrecht auch bei einer Eigenvertretung nach § 4 Abs. 1 u. 4 RDGEG, §§ 788, 91 Abs. 2 S. 3 ZPO einen Anspruch auf Ersatz ihrer Vergütung nach dem RVG haben.

LG Darmstadt, Beschl. v. 15.3.2017 – 5 T 515/16

1 Sachverhalt

Die Gläubigerin ist ein registriertes Inkassounternehmen und vollstreckt Forderungen gegen den Schuldner, welche ihr zweckgebunden zur Einziehung abgetreten worden waren.

Beim AG hatte die Gläubigerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt, wobei sie Gebühren für die Zwangsvollstreckung/Anwaltskosten nach dem RVG geltend machte.

Das AG hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, gekürzt um die Gebühren/Anwaltskosten. Darüber hinaus hat das AG mit gesondertem Beschluss den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der weiter geltend gemachten Positionen (Inkassovergütung/Anwaltskosten) zurückgewiesen, da das Inkassounternehmen sich selbst vertreten habe und deshalb kein Fall der Bevollmächtigung vorliege. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sei in diesem Fall nicht anwendbar.

Gegen diesen letztgenannten Beschluss hat die Gläubigerin Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entsprechend dem Antrag abzuändern.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des LG zur Entscheidung vorgelegt.

2 Aus den Gründen

A. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 793, 567, 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO statthaft, fristgemäß eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig.

B. Die sofortige Beschwerde ist grundsätzlich auch begründet.

1. In dem angefochtenen Beschluss wie auch im Nichtabhilfebeschluss geht das Vollstreckungsgericht zunächst zutreffend davon aus, dass das Inkassounternehmen seine Tätigkeit vorliegend nicht als Bevollmächtigter des etwaigen ursprünglichen Gläubigers, sondern nach Forderungsübernahme selbst als Gläubiger ausübt. Es liegt – aus der allein maßgeblichen Sicht des Schuldners – ein Fall der sog. Eigenvertretung vor. Etwaige Beschränkungen im Innen- bzw. Auftragsverhältnis zwischen Inkassounternehmen und ursprünglichem Forderungsinhaber sind vorliegend unbeachtlich und irrelevant.

2. Auch geht das Vollstreckungsgericht vorliegend grundsätzlich richtig davon aus, dass § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO auf den Fall eines Inkassounternehmens nicht direkt anwendbar ist. Die den "Rechtsstreit" betreffende Kosten(grund)entscheidung nach § 91 ZPO umfasst nicht das Zwangsvollstreckungsverfahren und die darin gegebenenfalls entstehenden Kosten (s. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 91 Rn 10). Zudem ist ein Inkassounternehmen kein Rechtsanwalt.

3. Entgegen der Ansicht des Vollstreckungsgerichts führt dies jedoch nicht dazu, dass die Gläubigerin als Inkassounternehmen vorliegend für ihre Eigenvertretung keine Gebühren und Kosten geltend machen kann. Vielmehr ist sie hierzu berechtigt.

a) Die Vergütung und Erstattung der Kosten von Inkassounternehmen richtet sich nach § 4 RDGEG i.V.m. §§ 788, 91 ZPO.

(1) Nach § 4 Abs. 1 RDGEG wird die Tätigkeit der registrierten Personen (u.a. Inkassounternehmen) nach dem RVG vergütet.

(2) § 4 Abs. 4 RDGEG bestimmt, dass die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen, sich in Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 788 ZPO richtet.

§ 4 Abs. 4 S. 1 RDGEG bestimmt insoweit ausdrücklich:

 
Hinweis

"Die Erstattung der Vergütung von Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes), für die Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren richtet sich nach § 788 der Zivilprozessordnung."

(3) Die Erstattungsfähigkeit der Kosten in einem Zwangsvollstreckungsverfahren richtet sich grundsätzlich (allein) nach § 788 ZPO i.V.m. § 91 ZPO.

Die Vorschrift des § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO lautet:

 
Hinweis

"Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben".

Als Besonderheit des Vollstreckungsrechts wird in der Rspr. im Rahmen des § 788 ZPO (und der damit verbundenen entsprechenden Anwendung des § 91 ZPO) etwa bei Rechtsanwaltskosten die Frage der "Notwendigkeit" der Einschaltung eines Rechtsanwalts bei sehr einfachen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unter Umständen verneint.

Bei der hier gegebenen Forderungspfändung liegt allerdings ein solcher sehr einfach gelagerter Fall, der die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht rechtfertigt hätte, schon nicht vor. Forderungspfändungen mit ihren weitreichenden Voraussetzungen und Folgen gehören nicht zu den sehr einfachen Vollstreckungsmaßnahmen; bei ihnen würde auch ein normaler Bürger zumeist einen Rechtsanwalt beauftragen.

b) Da § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO inhaltlich wegen der Frage der "Notwendigkeit" der Kosten auf § 91 ZPO Bezug nimmt, und zwar ohne Beschränkung auf einzelnen Regelungen/Absätze des § 91 ZPO, ist zunächst die Reichweite dieser Verweisung zu klären:

Die Vorschrift des § 91 ZPO regel...

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