1. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der an sich nach § 56 Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 8 S. 1 RVG zuständige Einzelrichter die Sache zur Entscheidung auf den Senat übertragen (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG). Die Entscheidung ergeht ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 3 RVG).

2. Die aufgrund eines Beschwerdewerts von mehr als 200,00 EUR nach § 1 Abs. 3 i.V.m. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthafte und fristgemäße Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist unbegründet. Das SG hat mit Beschl. v. 12.2.2014 im Ergebnis zutreffend die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 430,58 EUR festgesetzt.

a) Anzuwenden ist auf den vorliegenden Fall das VV in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung, weil der Rechtsanwalt vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung beauftragt worden ist (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG).

b) Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt Rahmengebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sowie gegebenenfalls eines besonderen Haftungsrisikos nach billigem Ermessen, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann und Ausgangspunkt bei der Bemessung einer Rahmengebühr grundsätzlich die so genannte Mittelgebühr ist, d.h. die Hälfte von Höchst- zuzüglich Mindestgebühr als Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens (vgl. BSG, Urt. v. 1.7.2009 – B 4 AS 21/09 R [= AGS 2010, 233]; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 24.4.2006 – L 4 B 4/05 KR SF; Mayer, in: Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG, 21. Aufl., 2013, § 14 Rn 15 ff.). Bei von einem Dritten zu ersetzenden Gebühren ist gem. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich und entsprechend zu korrigieren, wenn sie unbillig ist. Dies ist der Fall, wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von circa 20 % zur tatsächlich objektiv angemessenen Gebührenhöhe überschreiten (vgl. BSG, Urt. v. 1.7.2009 – B 4 AS 21/09 R [= AGS 2010, 233]).

c) Für eine grundsätzliche Beschränkung der sozialgerichtlichen Prüfungs- und gegebenenfalls Korrekturkompetenz im Rahmen von Vergütungsfestsetzungsverfahren für im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwälte auf Fälle, in denen der zur Erstattung verpflichtete Dritte die Unbilligkeit als Einwendung vorgetragen hat, ist eine gesetzliche Grundlage vor dem Hintergrund des im sozialgerichtlichen Verfahren nach dem SGG gem. § 103 SGG geltenden Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatzes nicht zu ersehen, auch nicht aus dem auf die Situation eines zivilgerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahrens gegen den zur Kostenerstattung verpflichteten Verfahrensgegner in der Hauptsache bezogenen Beschluss des BGH v. 20.1.2011 (V ZB 216/10). Der Senat verweist insoweit auf seinen hierzu bereits ergangenen Beschl. v. 1.7.2015 zum Aktenzeichen L 7/14 AS 7/14 B. Eine Einschränkung der Prüfungskompetenz und -verpflichtung der Urkundsbeamten und Richter im sozialgerichtlichen Vergütungsfestsetzungsverfahren, einschließlich Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren, durch eine Rügeobliegenheit der Staatskasse wird – mit teilweise unterschiedlichen Begründungen – auch in den hierzu ersichtlichen sonstigen sozialgerichtlichen Entscheidungen verneint (vgl. Thüringer LSG, Beschl. v. 21.1.2013 – L 6 SF 1578/12 B; SG Nordhausen, Beschl. v. 23.4.2015 – S 12 SF 507/12 E; SG Braunschweig, Beschl. v. 29.9.2011 – S 47 SF 320/09 E; SG Berlin, Beschl. v. 27.7.2011 – S 165 SF 6502/10 E).

d) Unter Berücksichtigung der ausgeführten Kriterien ist die vom Beschwerdeführer erfolgte Gebührenansetzung unbillig und zu korrigieren. Die maßgeblichen Gebührenbemessungskriterien rechtfertigen keine höhere als die im Beschluss des SG vom 12.2.2014 festgesetzte Gesamtvergütung.

aa) Für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV a.F. rechtfertigt eine Gesamtbetrachtung keinesfalls einen höheren Ansatz als den der doppelten Mindestgebühr von 40,00 EUR. Wesentlich für diese Beurteilung ist, dass der Beurteilungszeitraum frühestens ab dem Zeitpunkt, für den Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, beginnt, dies ist hier der 31.1.2013. Denn die Wirkung einer Prozesskostenhilfebewilligung kann frühestens ab dem Zeitpunkt des Antragseingangs unter Beifügung der erforderlichen Unterlagen eintreten (vgl.: BGH, Beschl. v. 5.2.1998 – IX ZR 263/96, NJW-RR 1998, S. 642, Beschl. v. 6.12.1984 – VII ZR 223/83, NJW 1985, S. 921 und Beschl. v. 30.9.1981 – IVb ZR 694/80). Etwaige anwaltliche Tätigkeiten im Zeitraum vor der erfolgten Prozesskostenhilfebewilligung, insbesondere im Rahmen der Klagerhebung und nachfolgender Schriftsätze, sind für die Bemessung der Verfahrensgebühr nicht heranzuziehen. Die ersichtliche anwaltliche Tätigkeit beschränkt sich damit auf den Schriftsatz vom 31.1.2013. H...

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