Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG) hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat bleibt bei seiner bisherigen Rspr. (OLG Stuttgart/Senat, Beschl. v. 25.10.1979 – 8 W 448/79, Justiz 1980, 21) und schließt sich damit den zutreffenden und überzeugen den Ausführungen des OLG München an (Beschl. v. 30.8.2016 – 11 WF 733/16, AGS 2016, 547; Anm. v. Hansens in zfs 11/16, 648). Nimmt danach eine mit einer Klage oder einem Rechtsmittel überzogene Partei anwaltliche Hilfe in Anspruch, sind die hierdurch ausgelösten Kosten auch dann erstattungsfähig, wenn der Kläger/Rechtsmittelführer seine Anträge zwischenzeitlich zurückgenommen hat. Dies gilt nur dann nicht, wenn die anwaltliche Hilfe suchende Partei oder ihr Vertreter von der Rücknahme weiß oder schuldhaft nicht weiß (Anschluss an BAG, Beschl. v. 18.4.2012 – 3 AZB 22/11, RVGreport 2012, 349; entgegen BGH, Beschl. v. 25.2.2016 – III ZB 66/15, MDR 2016, 487 [= AGS 2016, 252]; und entgegen BGH, Beschl. v. 23.11.2006 – I ZB 39/06, MDR 2007, 1163 [= AGS 2007, 47]).

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird in vollem Umfang auf die Begründung der Entscheidung des OLG München verwiesen.

Gerade die vorliegend vom Senat zu entscheidende Fallkonstellation bekräftigt die Richtigkeit der Auffassung des OLG München, die seither auch vom Senat vertreten wurde.

Der Antragsgegner durfte in dem einstweiligen Verfügungsverfahren nach der Zustellung der Antragsschrift und der Terminsladung am 12.4.2016 sofort einen Anwalt mit seiner Rechtsverteidigung beauftragen. Dies ist auch geschehen, wobei der Anwalt spätestens am 13.4.2016 den Schriftsatz, datiert auf den 14.4.2016, diktiert haben muss, da dieser auf dem Postweg bereits am 15.4.2016 von ... K. nach ... E. gelangt war. Die Tätigkeit des Anwaltes erfolgte also, wenn nicht schon am 12.4.2016, so spätestens am 13.4.2016, also an dem Tag, an dem die Fax-Rücknahme – im Übrigen mit einer unleserlichen Unterschrift – beim LG einging. Die Urschrift folgte sodann am 14.4.2016 ebenfalls auf dem Postweg von K. nach E. Die Zustellung der Antragsrücknahme ist auf den 15.4.2016 datiert, allerdings als Einlage in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten. Beim Eingang der Antragserwiderung am 15.4.2016 beim LG konnte deshalb von einer Kenntnis der Antragsgegnerseite von der Antragsrücknahme nicht ausgegangen werden.

Es ist im Übrigen nicht die Aufgabe des Antragsgegners vor der Mandatierung eines Anwaltes beim Gericht anzufragen, ob der Antrag vielleicht schon wieder zurückgenommen wurde, sondern ausschließlich des Antragstellers zur Vermeidung von Kosten auf der Gegenseite diese sofort über die beabsichtigte Rücknahme zu informieren. Er ist der "Veranlasser" und hat es damit im eigenen Interesse in der Hand, den Gegner frühzeitig "bösgläubig" zu machen.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass bei der zuvor dargelegten Zeitfolge auf Antragsgegnerseite unzweifelhaft die 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV auch dann als erstattungsfähig angesehen werden müsste, wenn man der zuvor zitierten BGH-Rspr. folgen würde, wonach die Risikoabwälzung bei einer Antragsrücknahme ausschließlich zulasten des Antragsgegners vorzunehmen wäre.

Nachdem aber mit dem OLG München dieser Auffassung nicht gefolgt werden kann, war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge von § 97 Abs. 1 ZPO und Nr. 1812 GKG-KostVerz. als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen der Abweichung von der BGH-Rspr. (MDR 2007, 1163; MDR 2016, 487) war die Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO zuzulassen.

AGS 6/2017, S. 304 - 305

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