Ich halte die Entscheidung des OLG Koblenz aus folgenden Gründen für nicht zutreffend:

1. Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens durch den Antragsteller des Mahnverfahrens

Nach Anm. Abs. 1 S. 1 Hs. 1 zu Nr. 1210 GKG-KostVerz. entsteht die 3,0-Verfahrensgebühr Nr. 1210 GKG-KostVerz. des Prozessverfahrens nach Einlegung des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid und der Stellung des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens (§ 696 Abs. 1 S. 1 ZPO) erst mit Eingang der Akten beim Prozessgericht.[2]

Erfolgt die Abgabe des Mahnverfahrens in das Prozessverfahren auf Antrag des Antragstellers des Mahnverfahrens, haftet der Antragsteller des Mahnverfahrens und spätere Kläger gem. § 22 Abs. 1 S. 1 GKG für die Verfahrensgebühr Nr. 1210 GKG-KostVerz.[3]

2. Mahn- und Prozessverfahren bilden unterschiedliche kostenrechtliche Rechtszüge i.S.v. § 35 GKG

Es ist umstritten, ob das Mahnverfahren und das sich anschließende Prozessverfahren verschiedene kostenrechtliche Instanzen i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 GKG bilden mit der Folge, dass im Falle der Beantragung der Durchführung des streitigen Verfahrens durch den Antragsgegner des Mahnverfahrens die Haftungen nach § 22 Abs. 1 S. 1 GKG für die Kosten des Mahnverfahrens einerseits (Nr. 1100 GKG-KostVerz.) sowie die Kosten des Prozessverfahrens andererseits (Nr. 1210 GKG-KostVerz.) auseinanderfallen. Die wohl h.M. geht zutreffend von verschiedenen kostenrechtlichen Instanzen aus.[4]

3. Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens durch den Antragsgegner des Mahnverfahrens

Schuldner der Kosten des Prozessverfahrens ist damit stets die Partei, die den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt hat. Das kann daher auch der Antragsgegner des Mahnverfahrens sein, der deshalb zum Schuldner der Kosten des Prozessverfahrens wird, wenn er den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens stellt.[5]

Wird mit dem OLG Koblenz aber für das Mahnverfahren und das anschließende Prozessverfahren dieselbe (kostenrechtliche) Instanz bejaht, bleibt der Antragsteller des Mahnbescheids auch dann gem. § 22 Abs. 1 S. 1 GKG Veranlassungsschuldner des Prozessverfahrens und der Gebühr Nr. 1210 GKG-KostVerz., wenn (nur) der Antragsgegner nach Widerspruch die Abgabe an das Prozessgericht beantragt hat.[6]

4. Argumente für verschiedene kostenrechtliche Rechtszüge

a) Abweichende Regelung im GKG

Das OLG Koblenz hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass das Mahnverfahren und das nachfolgende Prozessverfahren prozessual denselben Rechtszug bilden.

Für die Gerichtskosten und insbesondere für die Haftung für die Gerichtskosten kommt es aber darauf an, wie das GKG den kostenrechtlichen Rechtszug regelt. Dass der prozessuale Rechtszug und der kostenrechtliche Rechtszug unterschiedlich geregelt sein können, ergibt sich zunächst bereits aus § 4 GKG (Verweisung) und § 37 GKG (Zurückverweisung). Darüber hinaus zeigt auch § 30 GKG, dass kostenrechtlich etwas anderes gelten kann als prozessual: Regeln die Parteien in einem Vergleich die Kostentragungspflicht abweichend von der (früheren) gerichtlichen Kostenentscheidung, bleibt die durch die Entscheidung begründete Kostentragungspflicht für die bis dahin angefallenen Kosten bestehen. Der Vergleich, der einer gerichtlichen Entscheidung nachfolgt, beseitigt also Ansprüche aus der Entscheidung nur in zivilprozessualer Sicht.[7]

b) § 35 GKG

Für die h.M. und damit dafür, dass das Mahnverfahren und das Prozessverfahren kostenrechtlich verschiedene Rechtszüge bilden und verschiedene Veranlassungsschuldner haben können, spricht die Regelung in § 35 GKG. Danach wird die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen in jedem Rechtszug hinsichtlich eines jeden Teils des Streitgegenstands nur einmal erhoben. Wenn daher für das Mahnverfahren einerseits die Verfahrensgebühr Nr. 1100 GKG-KostVerz. und für das Prozessverfahren andererseits die Verfahrensgebühr Nr. 1210 GKG-KostVerz. vorgesehen sind und Abs. 1 der Anm. zu Nr. 1210 GKG-KostVerz. darüber hinaus bestimmt, dass die Gebühr Nr. 1100 GKG-KostVerz. auf die Gebühr Nr. 1210 GKG-KostVerz. anzurechnen ist, kann das nur so verstanden werden, dass der Gesetzgeber beide Verfahren verschiedenen (gerichts)kostenrechtlichen Rechtszügen i.S.v. § 35 GKG zuordnet. Denn wenn derselbe kostenrechtliche Rechtszug vorliegen würde, wäre für das Mahn- und Prozessverfahren wegen § 35 GKG insgesamt nur eine Verfahrensgebühr vorgesehen und eine Gebührenanrechnung überflüssig. Gebührenanrechnungen deuten auf verschiedene kostenrechtliche Rechtszüge hin.[8]

c) Keine Heranziehung der Regelung in § 22 Abs. 1 S. 2 GKG

Gem. § 22 Abs. 1 S. 2 GKG ist Kostenschuldner im Verfahren nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid (§ 700 ZPO) derjenige, der diesen beantragt hat. Das ist im Regelfall der Antragsteller des Mahnverfahrens, der deshalb auch Veranlassungsschuldner des Einspruchsverfahrens wird. Die Regelung in § 22 Abs. 1 S. 2 GKG hat das OLG Koblenz auch als Begründung für die Ablehnung der Haftung des Antragsgegners im Falle der Wi...

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