GKG § 42 Abs. 2

Leitsatz

  1. Ein Vergleichsmehrwert fällt an, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Rechtsstreit erledigt und/oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden (Nr. 1000 VV). Dabei muss über die Frage eines Anspruchs oder Rechts gerade in Bezug auf die jeweilige Vergleichsregelung zwischen den Parteien Streit und/oder Ungewissheit bestanden haben; keine Werterhöhung tritt ein, wenn es sich lediglich um eine Gegenleistung zur Beilegung eines anderweitigen, bereits wertmäßig berücksichtigten Streites handelt.
  2. Vereinbaren die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses und treffen sie für die sich daraus ergebende Frage der Zeugniserteilung eine inhaltliche Regelung, führt dies zu einem Vergleichsmehrwert, wenn zwischen den Parteien über den Inhalt des Zeugnisses Streit und/oder Ungewissheit bestanden hat. Kein Vergleichsmehrwert tritt ein, wenn ohne einen solchen Streit oder eine solche Ungewissheit die Regelung allein der Beilegung des Kündigungsrechtsstreits diente.

LAG Düsseldorf, Beschl. v. 23.10.2017 – 4 Ta 366/17

1 Aus den Gründen

Die zulässige Beschwerde der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das ArbG für den Vergleich einen Mehrwert in Höhe eines Bruttomonatsentgelts (4.161,68 EUR) in Ansatz gebracht (Vergleichswert insgesamt: 16.646,72 EUR). Der Mehrwert beruht auf der Regelung in Nr. 5. des Vergleichs, wonach die Beklagte dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung der Note "gut" sowie einer dieser Beurteilung entsprechenden Bedauerns-, Dankes- und Wunschformulierung am Zeugnisende zu erteilen hatte.

1. Der Gegenstandswert war für die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV festzusetzen. Nach dieser Bestimmung entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Im Hinblick auf diese Gebühr ist auf Antrag des Rechtsanwalts der maßgebende Wert gerichtlich festzusetzen. Dabei ist nicht zu bewerten, was aufgrund des Vertrags zu leisten ist, sondern welcher Gegenstand durch ihn geregelt wird. Denn honoriert wird gerade die Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Beseitigung des Streits oder der Ungewissheit in Bezug auf ein Rechtsverhältnis. Dies steht in Einklang mit dem Streitwertkatalog (Nr. I. 22. i.d.F. v. 5.4.2016) und der std. Rspr. der Beschwerdekammer (15.8.2016 – 4 Ta 437/16 [= AGS 2017, 136]; 9.6.2017 – 4 Ta 210/17, NZA 2017, 1079 [= AGS 2017, 410]). Ebenso steht es im Einklang mit der Rspr. der überwiegenden Anzahl der Landesarbeitsgerichte Hessisches LAG, 19.8.2014 – 1 Ta 35/14; LAG Rheinland-Pfalz, 15.11.2016 – 5 Ta 184/16; LAG Baden-Württemberg, 14.11.2013 – 5 Ta 135/13; LAG Köln, 16.8.2016 – 4 Ta 167/16; 3.3.2009 – 4 Ta 467/08; LAG Hamm, 10.8.2005 – 9 Ta 222/05; 17.3.1994 – 8 Ta 465/93; LAG Sachsen-Anhalt, 29.8.2013 – 1 Ta 40/13; a.A.: Sächsisches LAG, 23.6.2014 – 4 Ta 95/14 (3.) unter Bezugnahme auf BGH v. 14.9.2005 – IV ZR 145/04 [= AGS 2006, 358] [allerdings zur Rechtslage vor Inkrafttreten des RVG]; LAG Hamburg, 14.9.2016 – 6 Ta 23/16 [allerdings ohne Auseinandersetzung mit der gesetzlichen Regelung in Nr. 1000 VV).

2. Danach diente die Zeugnisregelung in Ziff. 5 des Vergleichs der Beseitigung einer Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis.

a) Vereinbaren die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und treffen sie für die sich daraus ergebende Frage der Zeugniserteilung eine inhaltliche Regelung, so mag diese auch als Bestandteil der Gegenleistung für die Einwilligung in die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses getroffen worden sein und als solche nicht zu einem Vergleichsmehrwert führen. Zugleich besteht aber über den Inhalt eines Zeugnisses regelmäßig eine tatsächliche und rechtliche Unsicherheit, da er gesetzlich nicht bestimmt ist. Deren Beseitigung dient die vergleichsweise Regelung des Zeugnisinhalts jedenfalls auch. Dies genügt, um die Einigungsgebühr entstehen zu lassen und führt zu einem Vergleichsmehrwert.

b) Im vorliegenden Fall ist der Streit der Parteien über den Inhalt des Zeugnisses – und damit über den Inhalt eines Rechtsverhältnisses bzw. einen Rechtsanspruch – im Übrigen evident. Die Beklagte ist der Darlegung des Klägervertreters nicht entgegengetreten, dass sie zunächst nicht bereit gewesen sei, dem Kläger ein Zeugnis über eine gute Leistung und Führung sowie mit der begehrten Abschlussformel zu erteilen, wie sie in Nr. 5 des Vergleichs niedergelegt sind. Dafür, dass der im Vergleich vereinbarte Zeugnisinhalt von den Parteien übereinstimmend als unzutreffend angesehen wurde und er – entgegen dem Rechtsgrundsatz der Zeugniswahrheit – vom Kläger allein als "Gegenleistung" für seine Einwilligung in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses verlangt worden wäre, bestehen keine Anhaltspunkte.

c) Die von der Beklagten vorgebrachten Bedenken stehen dem nicht entgegen.

aa) D...

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