Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des LSG i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.

Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31.7.2013, denn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG ist offensichtlich vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1.8.2013 (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG) erteilt.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss der Vorinstanz ist fehlerhaft. Die Beschwerdefrist beträgt nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 3 RVG zwei Wochen (nicht: ein Monat) und die Einlegung der Beschwerde beim LSG wahrt die Frist nicht (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG; vgl. u.a. Thüringer LSG, Beschl. v. 27.1.2015 – L 6 SF 1533/14 B, nach juris); dann gilt die Jahresfrist, die hier gewahrt ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 EUR.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Die Kläger waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 S. 1 SGG; damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG).

Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG. Nach § 2 Abs. 2 S. 2 RVG werden Gebühren auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (S. 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (S. 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (S. 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urt. v. 1.7.2009 – B 4 AS 21/09 R m.w.N. [= AGS 2010, 233], Thüringer LSG, Beschl. v. 26.11.2014 – L 6 SF 1079/14 B m.w.N., nach juris). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Thüringer LSG, Beschluss 14.2.2011 – L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.

Bei den beiden beim SG anhängig gewesenen Klageverfahren handelte es sich bereits vor der Verbindung nach § 113 SGG gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG. Die Kläger waren in dem zugrunde liegenden Hauptverfahren grds. berechtigt, in getrennten Widerspruchs- und Klageverfahren gegen die Bescheide der Beklagten vorzugehen. Davon unabhängig ist allerdings die Frage, ob die dadurch verursachten Mehrkosten von der Beklagten oder der Staatskasse zu übernehmen sind. Dies ist zu verneinen. Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal verlangen.

Der Begriff der Angelegenheit ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Von derselben Angelegenheit wird regelmäßig dann ausgegangen, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang gegeben ist, also ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt (vgl. BSG, Urt. v. 2.4.2014 – B 4 AS 27/13 R m.w.N., nach juris). Dies gilt auch für Individualansprüche nach dem SGB II; die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft löst lediglich eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV aus (vgl. BSG, Urt. v. 2.4.2014 – B 4 AS 27/13 R [= AGS 2014, 458], 21.12.2009 – B 14 AS 83/08 R; 27.9.2011 – B 4 AS 155/10 R, nach juris; a.A. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., 2017, § 15 Rn 23). Entscheidend ist, ob ein einheitlicher Lebenssachverhalt vorliegt (vgl. BSG, Urt. v. 2.4.2014 – B 4 AS 27/13 R [= AGS 2014, 458]; Thüringer LSG, Beschl. v. 6.11.2014 – L 6 SF 1022/14 B).

Der Rspr. des BSG ist der 6. Senat des Thüringer LSG gefolgt und hat sie dergestalt weiterentwickelt, dass auch bei getrennten Klageverfahren "dieselbe Angelegenheit" vorliegen kann (vgl. Thüringer LSG, Beschl. v. 6.1.2015 – L 6 SF 1221/14 B, 15.4.2015 – L 6 SF 331/15 B, 6.11.2014 – L 6 SF 1022/14 B). Dem schließt sich der 1. Senat an. Ein einheitlicher Lebenssachverhalt ist hier unzweifelhaft gegeben, weil es in beiden Verfahren ursprünglich um die Änderung eines Bewilligungsbescheides und Neuberechnung der Leistungen aufgrund Erwerbseinkommen des Klägers zu 2) ging, die die Kläger zum Anlass genommen haben, die Höhe der Leistungen insgesamt mit identischen Gründen ...

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