Die Erinnerung ist begründet. Der Erinnerungsführerin steht für ihre Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV i.H.v. 85,00 EUR nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV i.H.v. 17,00 EUR und Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV i.H.v. 19,38 EUR zu.

1. Der Antragsteller hat der Erinnerungsführerin den Auftrag zur unbedingten Geschäftsbesorgung erteilt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Erinnerungsführerin an die geschiedene Ehefrau des Antragstellers vom 18.11.2014.

2. Die Vertretung des Antragstellers durch die Erinnerungsführerin im Rahmen der Beratungshilfe war erforderlich.

Die Frage, ob eine Vertretung im Zusammenhang mit der Gewährung der Beratungshilfe erforderlich war oder nicht, ist im Gebührenfestsetzungsverfahren zu prüfen (ebenso OLG Dresden, Beschl. v. 29.10.2007 – 3 W 1135/07; entgegen OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.5.2007 – 8 W 169/07; LG Berlin Beschl. v. 22.5.2013 – 82 T 532/12). Denn Gebühren gem. Nrn. 2500 ff. VV können nach dem ausdrücklichen Inhalt der maßgeblichen gesetzlichen Regelung nur "im Rahmen der Beratungshilfe" entstehen (§ 44 S. 1 RVG; Vorbem. 2.5 zu Abschnitt 5 VV). Dieser Rahmen der Beratungshilfe wird durch § 2 BerHG vorgegeben. Danach besteht die Beratungshilfe in der Beratung und nur soweit erforderlich in der Vertretung (§ 2 Abs. 1 S. 1 BerHG).

Bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Vertretung ist zu berücksichtigen, dass die Beratungshilfe grundsätzlich zunächst durch die Beratung des Rechtsuchenden gewährt wird (§ 2 Abs. 1 S. 1 1. Hs. BerHG). Mit dieser Beratung soll der Rechtsuchende in die Lage versetzen werden, selbst tätig zu werden und auf der Grundlage der ihm erteilten Rechtsberatung die gegebenenfalls notwendigen Schreiben selbst zu fertigen. Eine darüber hinausgehende Vertretung des Rechtsuchenden ist nur dann als erforderlich anzusehen, wenn dieser nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit für ihn seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann (§ 2 Abs. 1 S. 2 BerHG). Diese Voraussetzungen sind nicht ohne Weiteres erfüllt. Die Vertretung des Rechtsuchenden durch eine Beratungsperson gilt als ultima ratio im Beratungshilfegesetz (Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 2. Aufl., Rn 208). Die Erforderlichkeit einer Vertretung setzt deshalb voraus, dass ein rechtlich schwieriger und komplexer Sachverhalt vorliegt und dass der Rechtssuchende nach objektiven und subjektiven Kriterien trotz vorheriger Beratung durch eine Beratungsperson die Rechtsverwirklichung nicht sachgerecht in die eigene Hand nehmen kann (Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 2. Aufl., Rn 209). Maßgeblich für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Vertretungshandlung ist danach die Schul- und sonstige Bildung des Rechtsuchenden in Relation zur Komplexität der Angelegenheit (Lissner/Dietrich/Eilzer/Germann/Kessel, Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 2. Aufl., Rn 347).

Nach diesen Kriterien war eine Vertretung des Antragstellers durch die Erinnerungsführerin im vorliegenden Fall erforderlich. Wie sich aus den vorgelegten Schreiben ergibt, die die Erinnerungsführerin für den Antragsteller gefertigt hat, war der Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach. In dem Schreiben waren zahlreiche Daten, die Frage, ob die Abänderung eines Vergleichs überhaupt rechtlich möglich war, die Höhe des Selbstbehalts des Antragstellers und die richtige Berechnung des danach für die Unterhaltszahlungen einsetzbaren Einkommens nachvollziehbar und verständlich darzustellen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein juristischer Laie auf der Grundlage einer Beratung in der Lage gewesen wäre, diesen komplizierten Sachverhalt selbstständig in einem Schreiben richtig und verständlich darzustellen.

AGS 5/2017, S. 231 - 232

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