Bei der Ermittlung des im Rahmen von Prozesskostenhilfe einzusetzenden Einkommens können nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 ZPO[1] auch Beträge für besondere Belastungen geltend gemacht werden. Es handelt sich dabei um eine Härteklausel, da sich die Partei wegen des Gerichtsverfahrens in ihrer Lebensführung nicht wesentlich einschränken lassen muss.[2] Eine konkrete Aufzählung der absetzbaren Beträge hat der Gesetzgeber jedoch nicht vorgenommen. Bestritten ist daher in der Rspr. auch, ob die Beiträge für den Kindergartenbesuch vom Einkommen absetzbar sind. Eine Geltendmachung solcher Kosten haben bisher bejaht bzw. bei der Berechnung des für die PKH einzusetzenden Einkommens vorgenommen:[3] LAG Baden-Württemberg;[4] OLG Bremen;[5] OLG Frankfurt;[6] OLG Koblenz;[7] OLG Düsseldorf.[8] Abgelehnt wurde eine solche Anrechnung hingegen durch OLG Stuttgart;[9] OLG Naumburg.[10]

Da die ZPO den Begriff der besonderen Belastungen selbst nicht definiert, muss er ausgelegt werden. Dabei können auch die Historie sowie die ursprünglichen Intentionen des Gesetzgebers herangezogen werden.[11] Die Regelung des § 115 ZPO hat den Begriff der besonderen Belastung danach ursprünglich aus dem BSHG entnommen und dabei auf die Einkommensgrenzen für die Hilfe in besonderen Lebenslagen abgestellt, da auch die ursprüngliche Tabelle zur Berechnung der PKH-Raten in der untersten Stufe mit diesem Grundbetrag identisch war.[12] Da das PKH-Recht heute auf den Regelsatz des § 28 SGB XII Bezug nimmt, geht die Lit. zu Recht davon aus, dass auch der Begriff der besonderen Belastung i.S.d. § 115 ZPO heute so auszulegen ist, dass alle Kosten, die nicht durch den Regelsatz abgedeckt sind, dem Grundsatz nach als besondere Belastung anerkannt werden können.[13] Welche Kosten durch den Regelsatz im Einzelnen abgegolten sind, ergibt sich dabei aus § 27a Abs. 1 SGB XII, der folgenden Wortlaut hat: "Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch."

Nicht erfasst sind in der Vorschrift die Kosten für die Kinderbetreuung. Das LAG Baden-Württemberg[14] hat jedoch zu Recht festgestellt, dass nach § 90 Abs. 3 SGB VIII ein Kostenbeitrag für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege entweder gar nicht erhoben oder aber vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen wird, wenn die Belastung den Eltern oder dem Kind nicht zuzumuten ist, was bei Hilfebedürftigen in der Regel der Fall ist. Daraus folgt nach Ansicht des Gerichts jedoch, dass der Gesetzgeber die Kosten für die Kinderbetreuung zwar als Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts anerkannt hat, diesen Bedarf bei Hilfebedürftigen aber gleichwohl keinem Regelsatzbetrag zugewiesen hat, weil er von der grundsätzlichen Kostenfreiheit der Kinderbetreuung bei Bedürftigen ausging. Das dürfe aber wiederum nicht dazu führen, dass bei Personen, die keine Leistungen nach dem SGB XII oder SGB II erhalten, davon ausgegangen wird, dass die Gebühren für den Kindergarten bereits im Regelsatz enthalten sind.

Vielmehr handelt es sich um besondere Belastungen, so dass die Kindergartenbeiträge daher auch i.S.d. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 ZPO als besondere Belastungen absetzbar sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass für ein Kind der PKH-Partei nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b ZPO und der Prozesskostenhilfebekanntmachung 2014[15] zwar 263, 99 EUR als Freibetrag anzuerkennen sind, davon aber alle Kosten für den Lebensunterhalt zu bestreiten sind, so dass dann kaum noch etwas für die Kindergartenbeiträge verbleibt und der Freibetrag oftmals beides (Lebenshaltung und Kindergarten) nicht abdeckt. Das Kindergeld kann dabei nicht entgegengehalten werden, da es als Einkommen des Kindes zählt und sich der Freibetrag des § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b ZPO um das Kindergeld reduziert. Aus diesem Grund sollten die Kindergartenbeiträge auch nicht dem allgemeinen Lebensbedarf zuzurechnen sein. Das sollte wegen den Feststellungen des LAG Baden-Württemberg auch dann gelten, wenn für das Kind wegen des Bezugs von Kindergeld und der Zahlung von Barunterhalt Leistungen erfolgen, die den Freibetrag des § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b ZPO übersteigen. Die Kosten für den Kindergartenbeitrag sollten daher im Regelfall bei dem Antrag auf PKH-Bewilligung in der auszufüllenden Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse, dort in Feld J, angegeben und belegt werden.

Autor: Dipl.-Rpfl. Hagen Schneider, Magdeburg

AGS 5/2014, S. ...

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