ZPO § 91, RVG VV Nr. 7003

Leitsatz

Reisekosten eines Anwalts am dritten Ort sind nur bis zur Höhe der Reisekosten eines Anwalts am Sitz des Gerichts erstattungsfähig.

AG Zeitz, Beschl. v. 19.3.2018 – 4 C 451/16

1 Sachverhalt

Die Beklagte machte mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten für die Teilnahme am Gerichtstermin gem. Nr. 7003 VV (bei Benutzung des eigenen Kfz = 152,00 km Hin- und Rückweg x 0,30 EUR/km) i.H.v. 45,60 EUR zuzüglich Tage- und Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 Nr. 1 VV i.H.v. 25,00 EUR, mithin insgesamt 70,60 EUR geltend.

Der Kläger widerspricht der Erstattungsfähigkeit dieser Reisekosten mit der Begründung, dass Reisekosten eines an einem dritten Ort (weder Gerichtsort noch Wohnort der Partei) ansässigen Prozessbevollmächtigten regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes erstattungsfähig seien (unter Hinweis auf BGH, Beschl. v. 18.12.2003 – I ZB 21/03).

Nach Erledigung der Berufung in der Hauptsache wurde der Beklagten nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme auf die Einwendungen der Klägerseite gegeben. Eine Stellungnahme ist nicht eingegangen.

2 Aus den Gründen

Den Einwendungen des Klägers ist stattzugeben. Die im Gerichtsbezirk ansässige Beklagte hat einen außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalt beauftragt. Die Reisekosten des weder am Sitz der Partei noch am Gerichtsort ansässigen Prozessbevollmächtigten sind lediglich bis zur Höhe der fiktiven erstattungsfähigen Reisekosten eines am Sitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten notwendig und erstattungsfähig i.S.v. § 91 ZPO (vgl. BGH v. 13.9.2011 – VI ZB 9/10 [= AGS 2012, 47] i.V.m. BGH v. 11.3.2004 – VII ZB 27/03 [= AGS 2004, 260]).

Die in Ansatz gebrachten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind daher zu beschränken auf folgende fiktive Kosten:

 
Praxis-Beispiel
 
Fahrtkosten gem. Nr. 7003 VV 4,50 EUR
(Droyßig–Zeitz 7,5 km x 2 × 0,30 EUR)  
Tage- und Abwesenheitsgeld 25,00 EUR
gem. Nr. 7005 Nr. 1 VV  
fiktive Reisekosten 29,50 EUR

Die auf die Vergütung entfallende Mehrwertsteuer ist entsprechend zu kürzen.

3 Anmerkung

Richtigerweise hätten die Reisekosten des Anwalts außerhalb des Gerichtsbezirks bis zur höchstmöglichen Entfernung der Reisekosten eines Anwalts im Gerichtsbezirk festgesetzt werden müssen.[1] Das wäre hier die Entfernung Zeitz–Osterfeld (17 km) gewesen. Diese Auffassung ist allerdings nicht unumstritten. Zu dieser Frage ist derzeit eine Rechtsbeschwerde beim BGH (AZ: I ZB 62/17) anhängig, die voraussichtlich im Mai 2018 entschieden werden soll.

Norbert Schneider

AGS 4/2018, S. 208

[1] AG Kiel AGS 2014, 8; AG Marbach am Neckar AGS 2014, 8; LG Düsseldorf AGS 2015, 7; OLG Frankfurt AGS 2017, 101; OLG Schleswig AGS 2015, 487 = RVGreport 2015, 385; OLG Köln AGS 2016, 55 = RVGreport 2016, 68; AG Waldbröl AGS 2017, 258; AG Frankfurt AGS 2017, 492; LG Heilbronn AGS 2017, 102; AG Aschaffenburg AGS 2017, 493.

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