ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; RVG § 3a; RVG VV Nr. 7007

Leitsatz

  1. Die unterliegende Partei trifft keine prozessuale Kostenerstattungspflicht nach § 91 ZPO gegenüber der obsiegenden Partei bezüglich einer von dieser gem. § 3a RVG vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt.
  2. Eine vom Rechtsanwalt im Einzelfall gezahlte Prämie für eine Anschlussdeckung zur Vermögensschadenshaftpflichtversicherung löst, soweit die Prämie auf Haftungsbeträge bis 30 Mio. EUR entfällt, keinen gesetzlichen Vergütungsanspruch aus.

BGH, Beschl. v. 24.1.2018 – VII ZB 60/17

1 Sachverhalt

Die Beklagten möchten, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, im Rahmen der Kostenfestsetzung für die erste Instanz Zahlungen betreffend Prämien für eine anwaltliche Vermögensschadenshaftpflichtversicherung berücksichtigt wissen.

Im Ausgangsrechtsstreit wurden die beiden Beklagten samtverbindlich von der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 3.218.541,98 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Das LG hatte die Klage rechtskräftig abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt.

Im Kostenfestsetzungsverfahren haben die Beklagten den Ansatz von Kosten i.H.v. 4.819,30 EUR für eine Anschlussdeckung der Beklagtenvertreter bezüglich deren Vermögensschadenshaftpflichtversicherung geltend gemacht und hierzu ausgeführt, die Beklagtenvertreter würden einen Stammvertrag mit einer Deckungssumme i.H.v. 2 Mio. EUR unterhalten; aufgrund des hohen Streitwerts hätten die Beklagten mit den Beklagtenvertretern vereinbart, dass vorsorglich eine Einzelfallabsicherung über weitere 1,5 Mio. EUR abgeschlossen werde und dass die hierauf entfallende Prämie Bestandteil der geschuldeten Vergütung sei.

Das LG hat eine Berücksichtigung der Kosten für die Haftpflichtversicherung abgelehnt.

Die gegen diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde hat das OLG zurückgewiesen.

Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beklagten ihren Kostenfestsetzungsantrag weiter; sie begehren die Festsetzung von weiteren 4.819,30 EUR wegen der Kosten für die Anschlussdeckung bezüglich der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung.

2 Aus den Gründen

Die aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte und auch i.Ü. zulässige Rechtsbeschwerde der Beklagten ist nicht begründet.

1. Das Beschwerdegericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die zulässige sofortige Beschwerde sei unbegründet. Eine prozessuale Kostenerstattungspflicht der Klägerin gem. § 91 ZPO bestehe nicht.

Die geltend gemachten Versicherungskosten unterfielen nicht den gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren, die der obsiegenden Partei gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO stets zu erstatten seien.

Welche Kosten zu den gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts zählten, ergebe sich aus dem RVG. Nach Vorbem. 7 Abs. 1 VV würden die allgemeinen Geschäftskosten des Rechtsanwalts grundsätzlich durch die Gebühren abgegolten, soweit nicht in den Nr. 7000 bis 7008 VV eine besondere Regelung getroffen sei. Eine solche enthalte Nr. 7007 VV in Bezug auf Kosten für eine Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden. Eine im Einzelfall gezahlte Prämie für eine Haftpflichtversicherung könne in voller Höhe in Rechnung gestellt werden, soweit sie auf Haftungsbeträge von mehr als 30 Mio. EUR entfalle. Daraus folge, dass Prämien für Haftungsbeträge unter 30 Mio. EUR nicht abgerechnet werden könnten, soweit nicht eine gesonderte Vergütungsvereinbarung gem. § 3a RVG getroffen worden sei.

Zwar sei im vorliegenden Fall eine Vergütungsvereinbarung nach § 3a RVG zwischen den Beklagten und ihrem Prozessvertreter bezüglich der Prämien für die Haftpflichtversicherung geschlossen worden. Es sei daher im Innenverhältnis von einem Erstattungsanspruch des Beklagtenvertreters gegenüber den Beklagten auszugehen. Gleichwohl folge hieraus kein prozessualer Kostenerstattungsanspruch der Beklagten gem. § 91 Abs. 1 ZPO gegen die Klägerin.

Nach nahezu einhelliger Meinung in Rspr. und Lit. seien höhere als die gesetzlichen Beträge grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Während teilweise vertreten werde, dass eine geschlossene Vergütungsvereinbarung im Kostenfestsetzungsverfahren generell unbeachtlich sein solle, werde überwiegend nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall auch eine über die gesetzlichen Gebühren hinausgehende vereinbarte Vergütung nach § 91 Abs. 1 ZPO zu erstatten sein könne. Die genannte Streitfrage müsse im vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Denn auch nach der weitergehenden Auffassung, wonach im Einzelfall eine Erstattungsfähigkeit gegeben sein könne, sei in der vorliegenden Konstellation ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch der Beklagten nicht gegeben.

Gegen eine Erstattungsfähigkeit spreche zunächst die gesetzgeberische Wertung, dass Prämien für eine Haftpflichtversicherung zu den allgemeinen Geschäftskosten zählten und damit durch die allgemeinen Gebühren abgedeckt seien, soweit es um Haftungsbeträge unter 30 Mio. EUR gehe (Nr. 7007 VV). Würde man die Erstattungsfähigkeit von Prämienzahlungen für Haftung...

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