Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht (ZEV 2017, 712 [= AGS 2017, 556]) hat ausgeführt: Das AG habe den Klägern zu Recht ein Honorar auf der Grundlage einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV zugesprochen. Die Tätigkeit der Kläger habe nicht lediglich eine Beratungsgebühr nach § 34 RVG ausgelöst. Eine Geschäftsgebühr entstehe für das Betreiben des Geschäfts und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags. Der den Klägern erteilte Auftrag, zwei inhaltlich dergestalt aufeinander abgestimmte Testamente zu entwerfen, dass der Widerruf des einen Testaments auch den Widerruf des anderen zur Folge gehabt hätte, sei auf den Entwurf von Verfügungen mit vertragsähnlicher Bindung gerichtet gewesen. Dies rechtfertige die Anwendung der Nr. 2300 VV. Die Parteien hätten sich auch nicht auf eine niedrigere Vergütung geeinigt. Die Beklagten hätten die von den Klägern bestätigte Einigung bestritten. Es sei den Klägern auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, die gesetzliche Vergütung zu verlangen, weil bei den Beklagten kein Vertrauen auf eine Honorarvereinbarung begründet worden sei. Die Kläger hätten auch ihre Aufklärungspflicht nach § 49b BRAO nicht verletzt. Es genüge der Hinweis, dass sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. Die Höhe der anfallenden Gebühren müsse ein Rechtsanwalt nicht ungefragt mitteilen. Die Behauptung der Beklagten, sie hätten nach den voraussichtlichen Kosten gefragt, sei verspätet und könne deshalb nicht berücksichtigt werden.

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Vergütung der Kläger bemisst sich nicht nach § 2 Abs. 2 RVG, Nr. 2300 VV, sondern nach § 34 Abs. 1 RVG.

1. Das durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.5.2004 geschaffene und am 1.7.2004 in Kraft getretene Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) unterscheidet in seiner seit dem 1.7.2006 geltenden Fassung für den Bereich der außergerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts zwischen der Tätigkeit der Beratung und derjenigen der Vertretung. Die Höhe der Vergütung des Rechtsanwalts bestimmt sich gem. § 2 Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Das Vergütungsverzeichnis (fortan: VV) regelt in seinem Teil 2 die Vergütung des Rechtsanwalts für außergerichtliche Tätigkeiten und sieht dort in dem mit "Vertretung" überschriebenen Abschnitt 3 unter Nr. 2300 eine Geschäftsgebühr i.H.v. 0,5 bis 2,5 einer vollen Wertgebühr nach § 13 RVG vor. Die den Abschnitt 3 einleitende Vorbem. 2.3 bestimmt in Abs. 3, dass die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags entsteht. Für die Erteilung eines mündlichen oder schriftlichen Rats oder einer Auskunft (Beratung) sah das RVG in seiner ursprünglichen Fassung eine Rahmengebühr von 0,1 bis 1,0 einer vollen Wertgebühr vor (Nr. 2100 VV a.F.). Seit dem 1.7.2006 bestimmt § 34 RVG, dass der Rechtsanwalt u.a. für eine Beratung, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken soll. Wenn keine Vereinbarung getroffen ist, erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, jedoch höchstens 250,00 EUR (für ein erstes Beratungsgespräch höchstens 190,00 EUR), wenn der Auftraggeber Verbraucher ist.

2. Ob die Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der für seinen Mandanten auftragsgemäß ein Testament entwirft, mit einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV oder nach den Grundsätzen des § 34 RVG als bloße Beratung zu vergüten ist, ist umstritten. Die im Schrifttum wohl überwiegende Meinung spricht sich für eine Geschäftsgebühr aus (Bischof/Jungbauer, RVG, 8. Aufl., Vorbem. 2.3 Rn 40 ff.; Schons, in: Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., Vorb. 2.3 VV Rn 21 f.; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., § 34 Rn 14 u. Nr. 2300 VV Rn 17; Mayer/Kroiß/Teubel, RVG, 7. Aufl., Vorbem. 2.3 Rn 7; Riedel/Sußbauer/H. Schneider, RVG, 10. Aufl., Nr. 2300 VV Rn 22; Hartmann, KostG, 47. Aufl., Nr. 2300 VV Rn 1; Madert, AGS 2005, 2, 5; N. Schneider, AGS 2006, 60). Nach der in der jüngeren Instanzrechtsprechung vertretenen Gegenansicht (AG Hamburg-Altona ZEV 2008, 294, 295; OLG Düsseldorf FamRZ 2013, 727, 728 [= AGS 2012, 454]; wohl auch OLG Frankfurt AGS 2015, 505; für den Entwurf eines Mahnschreibens OLG Nürnberg NJW 2011, 621, 622 [= AGS 2010, 480]), der sich auch einige Autoren angeschlossen haben (AnwK-RVG/Schneider/Wolf, 8. Aufl., VV Vorb. 2.3 Rn 52 f.; Mayer/Kroiß/Winkler, a.a.O., § 34 Rn 13 f.; Hartung, in: Hartung/Schons/Enders, a.a.O., § 34 Rn 13; Riedel/Sußbauer/Pankatz, a.a.O., § 34 Rn 19), soll sich die Vergütung des Rechtsanwalts dagegen nach § 34 RVG richten.

3. Die zuletzt genannte Ansicht trifft zu. Das Entwerfen eines Testaments oder einer sonstigen einseitigen Urkunde löst in der Regel keine Geschäftsgebühr nach Nr. 23...

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