Die gem. § 46 Abs. 2 S. 3, § 78 S. 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 S. 2 und 3, §§ 567 ff. ZPO erhobene sofortige Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Es fehlt die notwendige Beschwer. Dem Bewilligungsantrag des Klägers vom 18.8.2017 mit seiner Ergänzung vom 22.9.2017 ist in vollem Umfang entsprochen worden.

1. Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung des ArbG, dass eine Prozesskostenhilfebewilligung "in vollem Umfang" einen im Verfahren abgeschlossenen Mehrvergleich umfasst, wenn diese zuvor beantragt wurde.

a) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gem. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO einen Antrag voraus; eine Bewilligung ohne Antrag scheidet im stark formalisierten Prozesskostenhilfeverfahren aus. Dies schließt aber weder eine konkludente Antragstellung noch – wie bei jeder Prozesshandlung – eine Auslegung des Antrags aus (vgl. BAG 30.4.2014 – 10 AZB 13/14, Rn 13; LAG Hamm 10.2.2014 – 14 Ta 310/13, Rn 7; 10.2.2014 – 14 Ta 529/13, Rn 7). Stellt eine Partei einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung für eine bestimmte Instanz, so bezieht sich dieser regelmäßig nur auf die bereits rechtshängigen Streitgegenstände oder die Streitgegenstände, die gleichzeitig mit der Antragstellung anhängig gemacht werden (vgl. BAG a.a.O., Rn 15). Trifft das Gericht in einem solchen Fall eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfe, soll sich die Bewilligung auf diese Streitgegenstände beschränken, soweit es nicht ausdrücklich etwas anderes ausspricht. Kommt es nach der Bewilligung zu einer Klageerweiterung oder soll Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich bewilligt werden, soll es eines neuen Antrags bedürfen (so BAG a.a.O.; offen gelassen von LAG Hamm a.a.O. jeweils Rn 14; für den konkludenten Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach bereits erfolgter Prozesskostenhilfebewilligung vgl. LAG Hamm 15.12.2014 – 14 Ta 510/14 – Rn 6 ff.).

b) Anders ist – von Ausnahmefällen abgesehen – die Situation hinsichtlich späterer Klageerweiterungen, wenn über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zum Zeitpunkt der Klageerweiterung noch nicht entschieden ist, oder bei einem vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zwischen den Parteien abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich, der bisher nicht rechtshängige Gegenstände erfasst. Der Wille der antragstellenden bedürftigen Partei wird in einem solchen Fall regelmäßig darauf gerichtet sein, auch für solche Klageerweiterungen oder den vereinbarten Mehrvergleich Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen, weil sich an ihrer Bedürftigkeit nichts verändert hat (vgl. BAG a.a.O., Rn 16 f.; LAG Hamm – 10.2.2014 – 14 Ta 310/13, Rn 12 ff.)

Dies gilt für einen erst beabsichtigten Mehrvergleich auch dann, wenn das ArbG Prozesskostenhilfe "in vollem Umfang" bewilligt, nachdem der Gegner der bedürftigen Partei den im Wege des § 278 Abs. 6 ZPO beabsichtigten Abschluss eines Vergleichs, der streitwerterhöhende Regelungen enthält, angezeigt hat. Nach seinem objektiv erkennbaren Inhalt erfasst ein solcher Bewilligungsbeschluss den Mehrvergleich, weil ihm der dafür erforderliche Antrag bereits – konkludent – zugrunde liegt. Aufgrund der Bewilligung konnte die bedürftige Partei davon ausgehen, dass ihr für den von der Gegenseite bereits dem Gericht angezeigten abzuschließenden Vergleich Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und es eines erneuten Antrags vor der Bestätigung des Vergleichsvorschlages nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht mehr bedarf (vgl. LAG Hamm 10.2.2014 – 14 Ta 529/13, Rn 16 f.).

c) Im vorliegenden Fall hatte der Kläger mit Schriftsatz v. 22.9.2017 ausdrücklich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Abschluss eines von ihm vorgeschlagenen und von der Gegenseite noch zu bestätigenden Mehrvergleichs beantragt. Durch die daraufhin "in vollem Umfang" bewilligte Prozesskostenhilfe ist auch diesem Antrag zugunsten des Klägers stattgegeben worden. Für ein anderes Verständnis des Bewilligungsumfanges fehlt es an Anhaltspunkten. Ob der Vergleich tatsächlich einen Mehrwert enthält, ist im Rahmen der Streitwertfestsetzung zu entscheiden (zu den Voraussetzungen vgl. Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit – überarbeitete Fassung 9.2.2018 – Nr. 25). Entsprechendes gilt für die dem beigeordneten Rechtsanwalt für seine Tätigkeit aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung (vgl. dazu zuletzt BGH 17.1.2018, XII ZB 248/16), welche dem Vergütungsfestsetzungsverfahren vorbehalten bleibt, wenn wie vorliegend die Beiordnung im Umfang der Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt.

aa) Zwar vertritt das LAG Rheinland-Pfalz (21.1.2016 – 6 Ta 254/15) zu dem Fall eines "konkludenten", d.h. nicht ausdrücklich gestellten Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich die Ansicht, dass die arbeitsgerichtlich "in vollem Umfang" erfolgte Bewilligung (a.a.O., Rn 3) diesen Antrag nicht beschieden haben soll (a.a.O., Rn 18). Eine nähere Begründung dafür ist der Entscheidung nicht zu entnehmen.

bb) Sie folgt nicht aus der Auffassung des BAG, ...

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