Die Abmahnung dient der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen, ohne die Gerichte in Anspruch zu nehmen, und gibt dem Verletzer die Möglichkeit, durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Das Abmahnverfahren ist meist von hohem Zeitdruck geprägt, da auch nach Versand eines Abmahnschreibens weiterhin Wettbewerbsverstöße drohen. Abmahnungen werden aus diesem Grunde häufig per Telefax oder per E-Mail mit kurzer Fristsetzung verschickt. Ist aus Sicht des Gläubigers eine Abmahnung voraussichtlich nicht erfolgreich oder ist sie diesem aus zeitlichen Gründen nicht zumutbar, kann geklagt werden, ohne dass den Kläger die Kostenlast nach § 93 ZPO trifft.[1] Zum Inhalt der Abmahnung gehört die Angabe der Tatsachen, aus denen sich die konkrete Verletzungshandlung ergibt. Rechtliche Ausführungen sind sinnvoll, aber nicht zwingend notwendig. Auch müssen keine Beweismittel benannt werden.[2] In Anbetracht dieser Grundsätze ist es weder interessengerecht noch praktikabel, das Abmahnverfahren damit zu belasten, dass ein Abgemahnter sich erst noch Mitgliederlisten eines Verbandes zusenden lässt, diese sowie die Angebote der Mitglieder überprüft. Dazu müsste dem Abgemahnten dann auch noch Zeit gegeben werden, damit dieser gegebenenfalls versucht, mit den benannten Vereinsmitgliedern Kontakt aufzunehmen, um festzustellen, ob diese tatsächlich (noch) Mitglieder sind und welche gleichen oder ähnlichen Leistungen sie anbieten. Kurze Fristsetzungen wären in dem Falle kaum noch möglich. Andererseits könnte ein Verletzer bei nur kurzer Fristsetzung in der Abmahnung seine Erkundigungen in der Regel gar nicht einholen. Daher ist die Sichtweise des OLG Hamm richtig, dass im Abmahnverfahren – sofern bei dem betreffenden Verband nicht ohnehin weitläufig bekannt – lediglich Darlegungen zur Aktivlegitimation erfolgen müssen und keine Beweismitteln in der Form von Mitgliederlisten u.Ä. vorgelegt werden müssen.

Das OLG Hamm weist zutreffend darauf hin, dass die namentliche Nennung von Mitgliedern erst in einem gerichtlichen Verfahren erforderlich sein kann. Wer also nach Erhalt einer Abmahnung meint, die Aktivlegitimation eines Verbandes als Anspruchsvoraussetzung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verbindlich klären lassen zu müssen, hat dazu in einem Verfügungs- oder Klageverfahren die Möglichkeit. In der Regel sehen die Wettbewerbsgerichte dabei überwiegend – jedenfalls im Verfügungsverfahren – zunächst die Vorlage einer anonymisierten Mitgliederliste als ausreichend an. Das ist vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Datenvermeidung und Datensparsamkeit (§ 3a BDSG) auch konsequent, da mittlerweile stets die Gefahr besteht, dass Daten ohne großes Überlegen von einer Partei oder ihrem Bevollmächtigten ins Internet gestellt und damit missbraucht werden.

Der betreffende Anwalt, der in dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall den Antragsgegner und Beschwerdegegner vertreten hat, benutzte Mitgliederlisten (als Datensammlung urheberrechtlich geschützt), die ihm aus anderen Gerichtsverfahren bekannt geworden sind, um damit auf seiner anwaltlichen Webseite bundesweite Werbung für seine Kanzlei zu betreiben (angebliche besondere Kenntnisse über den betreffenden Verband). Die Mitgliederlisten, die zum Nachweis der Aktivlegitimation (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) erstellt wurden, sind damit zweckentfremdet eingesetzt worden. Erst wenn in einem Gerichtsverfahren ein Gegner die ausreichende Aktivlegitimation für das konkrete Verfahren auf den Fall bezogen substantiiert bestreitet, werden weitere Daten zu Mitgliedern eines Verbandes entscheidungserheblich. Der Beschluss des OLG Hamm ist in Bezug auf die UWG-Systematik (schnelles Abmahnverfahren) und den Datenschutz zu begrüßen.

RA und FA IT-Recht Dr. Harald Schneider, Siegburg

AGS 4/2017, S. 202 - 203

[1] Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, § 12 Rn 26, 29 ff.
[2] Fezer/Büscher/Obergfell, a.a.O., § 12 Rn 16 f.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge