Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Berufung kann dem Kläger nicht bewilligt werden, da eine anwaltliche Vertretung für das vorliegende Berufungsverfahren nicht geboten war.

1. Dem Rechtsmittelgegner ist Prozesskostenhilfe grundsätzlich erst zu gewähren, wenn das Rechtsmittel begründet worden ist und die Voraussetzungen für eine Verwerfung des Rechtsmittels nicht gegeben sind (BAG, 15.2.2005 – 5 AZN 781/04 (A) – BAGE 113, 313 = AP Nr. 2 zu § 119 ZPO = NJW 2005, 1213). Nach § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO ist bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe in einem höheren Rechtszug zwar nicht zu prüfen, ob die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel einlegt. Wegen der Finanzierung der Prozesskostenhilfe aus Steuermitteln ergeben sich für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dennoch ungeschriebene Grenzen. Daraus ergibt sich, dass sich die bedürftige Partei erst dann eines Rechtsanwalts auf Kosten der Staatskasse bedienen darf, wenn das im Einzelfall wirklich notwendig ist. Denn nur dann ist es gerechtfertigt, die Staatskasse mit den hierdurch entstehenden Kosten zu belasten (BAG, 15.2.2005 a.a.O.).

Danach kann dem Kläger hier keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, weil er im Berufungsrechtszug auch ohne die Bestellung eines Rechtsanwalts obsiegt hätte. Denn die Berufung ist als unzulässig verworfen worden und diese Prüfung ist von Amts wegen vom Gericht vorzunehmen. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig bedurfte daher keiner Mitwirkungshandlung des Klägers.

Dieser Standpunkt des BAG, dem sich das Beschwerdegericht aus Gründen der einheitlichen Rechtsanwendung anschließt, steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH. So hat der BGH am 2.2.2001 (XII ZR 26/99, NJW-RR 2001, 1009) entschieden, dass die Bewilligung von Prozesskosten hilfe zur Rechtsverteidigung gegen eine Revision des Gegners erst dann in Betracht kommt, wenn dieser die Revision begründet hat. Das Gericht konnte sich insoweit auf ältere Entscheidungen stützen, in denen ebenfalls dieser Standpunkt eingenommen wurde (vgl. nur BGH, 10.2.1988 – IVb ZR 67/87, FamRZ 1988, 942; BGH 30.9.1981 – IVb ZR 694/80, NJW 1982, 446 sowie aus jüngerer Zeit BGH 24.10.2012 – XII ZB 460/11, MDR 2012, 1487).

3. Der hier eingenommene Standpunkt steht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Nach der genannten Vorschrift ist in einem höheren Rechtszug – trifft auf das Berufungsverfahren zu – nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussichten auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, sofern der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Diese Vorschrift stellt erkennbar eine Ausnahme zu dem in § 114 ZPO festgelegten Grundsatz dar, dass Prozesskostenhilfe – neben anderen Voraussetzungen – nur bewilligt werden kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

§ 119 Abs. 1 S. 2 ZPO sagt also nur aus, dass im Rechtsmittelzug die Erfolgsaussichten des rechtshängig gemachten Begehrens und die Art und Weise, wie das Begehren mit Hilfe des Gerichts durchgesetzt werden soll, nicht (mehr) hinterfragt werden soll. Das schließt es aber nicht aus, Prozesskostenhilfe im Rechtsmittelzug zu versagen, wenn deren Gewährung aufgrund der prozessualen Lage (noch) nicht erforderlich ist.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung ist im Berufungsrechtszug im soeben dargestellten Sinne frühestens erforderlich, wenn die Berufung des Berufungsführers rechtzeitig eingelegt und ordnungsgemäß begründet wurde.

Denn erst ab diesem Zeitpunkt hängt der Ausgang des Rechtsstreits von geeigneten Mitwirkungshandlungen des Berufungsgegners ab. Erst mit Abschluss der Zulässigkeitsprüfung für das Rechtsmittel wird das Berufungsverfahren wieder zum Parteiprozess, dessen Ausgang von den Anträgen beider Parteien und den dazu vorgetragenen Angriffs- und Verteidigungsmitteln abhängt.

4. Der mögliche Wunsch des Klägers, sich bereits bei Eingang der Rechtsmitteischrift des Gegners rechtlich kompetent beraten zu lassen, rechtfertigt eine frühere Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Berufungsrechtszug nicht.

a) Der BGH steht auf dem Standpunkt, dass der erstinstanzlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt im Rahmen seines Auftrages verpflichtet sei, die erstinstanzlich ergangene Entscheidung zu erläutern einschließlich eines allgemein gehaltenen Hinweises auf möglichen Rechtsmittel des Gegners und darauf erforderlicher Reaktionen seines Mandanten (BGH, 21.3.1991 – IX ZR 186/90, NJW 1991, 2084 = JurBüro 1991, 1647). Unausgesprochen soll damit wohl gesagt sein, dass diese Unterrichtung durch den erstinstanzlichen Anwalt für die richtige Bewertung eines vom Gegner eingelegten Rechtsmittels ausreichend sei. Die zusätzliche Bestellung oder Beiordnung eines Rechtsanwalts sei in diesem Stadium des Verfahrens, also bis zur Begründung des Rechtsmittels, daher noch ...

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