Die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Gegen die Zulässigkeit der nach § 52 Abs. 4 RVG statthaften und auch im Übrigen gem. §§ 311 Abs. 2, 306 Abs. 1 StPO form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde bestehen auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 304 Abs. 3 StPO im Ergebnis keine durchgreifenden Bedenken. Nach § 304 Abs. 3 StPO ist die Beschwerde gegen Entscheidungen über Kosten und notwendige Auslagen nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Ob diese Vorschrift im Beschwerdeverfahren nach § 52 Abs. 4 RVG überhaupt Anwendung findet, ist streitig (bejahend: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.7.1977 – 2 Ws 156/77, Justiz 1977, 439; Hartmann, KostG, 46. Aufl., § 52 Rn 39; Hartung, in: Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., § 52 Rn 71; Kremer, in: Riedel/Sußbauer/Schmahl, RVG, 10. Aufl., § 52 Rn 25; verneinend: OLG München, Beschl. v. 5.5.1978 – 2 Ws 264/78, MDR 1978, 779; Stollenwerk, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 52 Rn 19; Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 52 Rn 26; Houben, in: Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 16. Aufl., § 52 Rn 8; Kroiß, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 52 Rn 22 (der jedoch mit Verweis auf den bereits am 30.6.2004 außer Kraft getretenen § 304 Abs. 3 S. 2 StPO unzutreffend einen Beschwerdewert von 50,00 EUR annimmt)). Der Senat schließt sich der überzeugend begründeten Auffassung des OLG München an. Die Entscheidung gem. § 52 Abs. 2 RVG ergeht allein über die Leistungsfähigkeit, über die Kosten selbst wird gerade nicht entscheiden. Dies folgt bereits daraus, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung, die bereits mit Fälligkeit der Vergütung gem. § 8 Abs. 1 RVG erfolgen kann (vgl. KG, Beschl. v. 7.3.2007 – 1 Ws 21/07, StRR 2007, 239), noch gar nicht absehbar ist, in welcher Höhe Ansprüche geltend gemacht werden. Denn der Pflichtverteidiger ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Ansprüche – wie vorliegend geschehen – bereits zu beziffern. Schließlich spricht auch ein Vergleich mit den Vorschriften zur Prozesskostenhilfe gegen die Geltung der Wertgrenze des § 304 Abs. 3 StPO. Diese sind unabhängig von ihrer Beschwer anfechtbar (vgl. Fischer, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 127 Rn 14).

2. Das nach alledem zulässige Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.

Das LG hat zu Recht die Voraussetzungen für die Feststellung der Zahlungsfähigkeit des Angeklagten angenommen. Der Antrag des früheren Pflichtverteidigers enthält die zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit erforderlichen Mindestangaben. Er hat unwidersprochen behauptet, dass der Angeklagte nicht nur eine Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000,00 EUR hinterlegt, sondern zudem seiner Wahlverteidigerin ausdrücklich versichert hat, dass eine Mandatsniederlegung wegen alsbaldiger Mittellosigkeit des Angeklagten nicht erfolgen werde. Demgegenüber ist der Angeklagte der Verpflichtung, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach Maßgabe des § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO darzulegen (§ 52 Abs. 3 S. 1 RVG) innerhalb der ihm durch das LG gesetzten Frist nicht nachgekommen. Die Strafkammer hat ihre Entscheidung danach zu Recht auf § 52 Abs. 3 S. 2 RVG gestützt. Mit dieser im (alten) Gebührenrecht der BRAGO noch nicht enthaltenen Bestimmung wollte der Gesetzgeber gerade verhindern, dass es sich zu Lasten des Rechtsanwalts auswirkt, wenn der Angeklagte bei der Ermittlung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der gebotenen Weise mitwirkt (vgl. BT-Drucks 15/1971, 202).

Auch die von dem Angeklagten mit Beschwerdeeinlegung eingereichten Unterlagen in niederländischer Sprache, die der Senat hat übersetzen lassen, rechtfertigen keine andere Entscheidung. Die Auskünfte des Angeklagten lassen bereits deshalb keinen Schluss auf seine aktuelle Leistungsfähigkeit zu, weil er vorgetragen hat, dass er insgesamt 1.119,00 EUR monatliche Rente aus der Bundesrepublik Deutschland beziehe, wovon die "niederländische Rente" abgezogen werde, so dass "nichts Zusätzliches" übrig bleibe. Es bleibt mithin offen, über welchen Geldbetrag der Angeklagte und seine Familie monatlich verfügen können. Auch seine weitere Behauptung, dass seiner Familie üblicherweise ein Geldbetrag von "+/- 140,00 EUR" monatlich weniger als das Minimum in den Niederlanden zur Verfügung stehe, ist durch keine entsprechenden Unterlagen belegt. Die von ihm eingereichten Unterlagen betreffen darüber hinaus das Jahr 2015 und geben keinen Aufschluss über seine aktuelle finanzielle Situation, auf die es jedoch entscheidend ankommt (vgl. Stollenwerk, a.a.O., Rn 15). Nach seinen eigenen Angaben ist darüber hinaus jedenfalls davon auszugehen, dass er derzeit in der Lage ist, einen Kredit in monatlichen Raten zu je 50,00 EUR zurückzuzahlen.

Im Ergebnis ist der Angeklagte Ausführungen zur Höhe und Herkunft seines aktuellen Einkommens ebenso schuldig geblieben wie eine hinreichende Darlegung und Glaubhaftmachung seiner Behauptungen.

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