Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem RVG, das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr, ob das Erinnerungsrecht der Staatskasse verwirkt war und ob eine fiktive Terminsgebühr entstanden ist.

Im Klageverfahren vor dem SG ging es um den Krankengeldanspruch des Klägers. In diesem Verfahren wurde dem Kläger PKH bewilligt und sein Anwalt, der Beschwerdeführer, beigeordnet.

Das Klageverfahren endete durch die beiderseitige Annahme eines vom SG mit gerichtlichem Schreiben unterbreiteten Vergleichsvorschlags. Darin erklärten sich die Beteiligten darüber einig, dass der Rechtsstreit mit der übereinstimmenden Annahme des Vergleichs vollständig erledigt sei.

Hiernach beantragte der Beschwerdeführer, seine Vergütung für das Klageverfahren i.H.v. 1.071,00 EUR, im Einzelnen wie folgt festzusetzen:

 
Praxis-Beispiel
 
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 300,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV 280,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV 300,00 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 900,00 EUR
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV 171,00 EUR
Insgesamt 1.071,00 EUR

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG setzte die dem Beschwerdeführer zu erstattenden Gebühren und Auslagen in der beantragten Höhe fest.

Zugleich wurde die Beklagte entsprechend der im Vergleich getroffenen Kostenregelung (gem. § 59 RVG) zur Zahlung des hälftigen Betrags an die Staatskasse aufgefordert; der Betrag wurde am 10.3.2015 gutgeschrieben.

Gegen die Festsetzung der PKH hat die Staatskasse beim SG Erinnerung eingelegt. Nach Auffassung der Staatskasse sei die Terminsgebühr nicht angefallen; sie hat auf den Beschl. d. Kostensenats des Bayer. LSG v. 22.5.2015 (L 15 SF 115/14 E) verwiesen. Der Vergleich müsse entweder auf einem Beschlussvorschlag gem. § 101 Abs. 1 S. 2 SGG oder auf einer schriftlichen Initiative gem. § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO mit nachfolgendem deklaratorischen Beschluss (i.S.v. § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO) beruhen. Nur ein solcher schriftlicher Vergleich löse die fiktive Terminsgebühr aus. Die Staatskasse hat weiter vorgetragen, es sei zu prüfen, ob die Beklagte dem Beschwerdeführer Kosten im Widerspruchsverfahren erstattet habe; in diesem Fall sei eine Anrechnung gem. § 15a RVG vorzunehmen.

Der Beschwerdeführer hat hiergegen eingewandt, dass die Erinnerung der Staatskasse verfristet sei. Zudem sei die Terminsgebühr von der Beklagten nicht beanstandet worden. Es sei unerheblich, ob das Gericht seinen Vergleichsvorschlag in Form eines Beschlusses unterbreitet habe.

Auf Nachfrage hat der Beschwerdeführer angegeben, am 9.2.2015 von der Beklagten für das Widerspruchsverfahren 190,40 EUR erhalten zu haben. Wieso diese von der Beklagten erstatteten Gebühren auf die Vergütung für die gerichtliche Vertretung anzurechnen seien, bleibe unerfindlich.

Hierzu hat die Staatskasse mitgeteilt, dass angesichts des gezahlten Betrags von 190,40 EUR und der vergleichsweise vereinbarten hälftigen Kostentragung davon auszugehen sei, dass die Beklagte die nicht um den Anrechnungsbetrag verminderte Schwellengebühr nach Nr. 2302 VV von 300,00 EUR zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer für das Vorverfahren zur Hälfte erstattet habe. Deshalb berufe sich die Staatskasse i.S.v. § 15a RVG auf die Anrechnung von 150,00 EUR auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV.

Somit errechne sich der von der Staatskasse insgesamt zu erstattende Betrag wie folgt:

 
Praxis-Beispiel
 
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 300,00 EUR
./. Anrechnung § 15a RVG – 150,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV 300,00 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 89,30 EUR
Insgesamt 559,30 EUR

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das SG auf die Erinnerung der Staatskasse hin die Kostenfestsetzung dahingehend abgeändert, dass dem Beschwerdeführer für das Klageverfahren insgesamt nur eine Kostenerstattung i.H.v. 559,30 EUR zustehe.

Das Erinnerungsrecht der Staatskasse, so das SG, sei vorliegend nicht verwirkt. Analog § 20 GKG trete nach der Rspr. eine Verwirkung erst dann ein, wenn seit der letzten, in dem konkreten Festsetzungsverfahren getroffenen Entscheidung oder verfahrensbeendenden Handlung das folgende Jahr abgelaufen sei, was vorliegend nicht der Fall sei, da die hier zugrunde liegende Entscheidung der Urkundsbeamtin vom 16.2.2015 stamme, die Erinnerung vom 24.6.2015.

Die Staatskasse sei durch die Kostenfestsetzung zu einer zu hohen Erstattung verpflichtet worden. So sei eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV nicht angefallen. Es liege nämlich kein schriftlicher Prozessvergleich i.S.v. § 101 Abs. 1 S. 2 SGG oder von § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO vor. Der Vergleich beruhe nämlich weder auf einem Beschlussvorschlag noch auf einer schriftlichen Initiative mit nachfolgendem deklaratorischem Beschluss des SG. Das SG hat auf die Gründe des zitierten Beschlusses des Kostensenats (s. oben) ausdrücklich ...

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