Leitsatz

Kostenschuldner der Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 Nr. 1b) GKG-KostVerz. wegen Fehlens der erforderlichen Mehrfertigungen bei einem Schriftsatz kann nur die Partei oder der Beteiligte selbst sein, nicht aber der (anwaltliche) Bevollmächtigte.

Bayerisches LSG, Beschl. v. 8.11.2016 – L 15 SF 284/16

1 Sachverhalt

Streitig ist die Festsetzung einer Dokumentenpauschale gem. § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9000 Nr. 1b) GKG-KostVerz. wegen des Fehlens der erforderlichen Mehrfertigungen bei einem Schriftsatz.

Die Erinnerungsführer und jetzigen Beschwerdegegner (im Folgenden: Beschwerdegegner) vertraten als Rechtsanwälte den Betreiber eines ambulanten Pflegedienstes in einem Klageverfahren nach § 197a SGG vor dem SG.

Nach der vergleichsweisen Beendigung des Verfahrens erhob der Kostenbeamte des SG mit Gerichtskostenfeststellung auf der Grundlage von § 197a SGG i.V.m. § 3 Abs. 2 GKG und Nr. 9000 GKG-KostVerz. bei den Beschwerdegegnern Auslagen i.H.v. 9,50 EUR für die Anfertigung von Ablichtungen, weil diese einem ihrer Schriftsätze die erforderliche Anzahl von Abschriften nicht beigefügt hatten.

Dagegen haben die Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt und diese damit begründet, dass sie stets im Namen des Betreibers des Pflegedienstes aufgetreten seien, nie im eigenen Namen. Sie seien daher nicht Kostenschuldner.

Mit Beschluss hat die Kostenrichterin des SG die Gerichtskostenfeststellung aufgehoben. Kostenschuldner für die Dokumentenpauschale sei – so die Kostenrichterin – gem. § 28 Abs. 1 S. 2 GKG nur die Partei oder der Beteiligte. Ob der Betreiber des Pflegedienstes als Kläger im zugrunde liegenden Klageverfahren überhaupt den übersandten Vertrag zwischen den Beteiligten zweifach vorlegen hätten müssen, könne dahingestellt bleiben. Für eine entsprechende Anwendung der vom Kostenbeamten und anschließend dem Bezirksrevisor in Bezug genommenen Entscheidung des Kostensenats des Bayerischen LSG v. 19.4.2016 – L 15 SF 72/15 E, bestehe kein Raum. Der Entscheidung liege eine andere Frage zugrunde. Es bestehe keinerlei Anhaltspunkt dafür, die Regelung des § 28 Abs. 1 S. 2 GKG gegen den eindeutigen Wortlaut dahingehend auszulegen, dass Kostenschuldner ein anderer als die Partei oder der Beteiligte sein könne. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das SG die Beschwerde zugelassen.

Gegen diesen Beschluss hat der Bezirksrevisor (im Folgenden: Beschwerdeführer) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung der Beschwerde stützt er sich auf den Beschluss des OLG Oldenburg v. 31.5.2010 – 11 WF 70/10, wonach auch der Verfahrensbevollmächtigte als Kostenverursacher der Schuldner der Kopiekosten für fehlende Abschriften nach § 28 GKG sein könne.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie wegen der Zulassung durch das SG gem. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG statthaft. Sie ist aber unbegründet.

Unbegründet ist die Beschwerde, weil bei den Beschwerdegegnern überhaupt keine Auslagen in Form der Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 Nr. 1b) GKG-KostVerz. erhoben werden hätten dürfen, wie dies die Kostenrichterin des SG zutreffend festgestellt hat.

Die Beschwerdegegner als anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers im Klageverfahren vor dem SG sind nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes in § 28 Abs. 1 S. 2 GKG nicht Schuldner der Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 Nr. 1b) GKG-KostVerz. Kostenschuldner kann nur die Partei oder der Beteiligte selbst sein, nicht aber der (anwaltliche) Bevollmächtigte.

§ 28 Abs. 1 S. 2 GKG lautet wie folgt:

"Sind Kopien oder Ausdrucke angefertigt worden, weil die Partei oder der Beteiligte es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, schuldet nur die Partei oder der Beteiligte die Dokumentenpauschale."

Damit hat der Gesetzgeber die klare und unmissverständliche Festlegung getroffen, dass die für die Anfertigung von Kopien entstandenen Kosten des Gerichts als Auslagen ausschließlich beim Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens selbst erhoben werden können, nicht aber bei seinem Bevollmächtigten.

Darauf, dass diese eindeutige gesetzliche Vorgabe nicht entgegen dem Wortlaut des Gesetzes dahingehend ausgelegt werden kann, dass auch vom Bevollmächtigten des Beteiligten die Auslagen erhoben werden können, hat das SG zutreffend hingewiesen. Eine Haftung des Bevollmächtigten aus dem Grund, dass er durch die fehlende Zusendung der erforderlichen Mehrfertigungen die Ursache dafür gesetzt hat, dass das Gericht die Kopien für den weiteren Beteiligten anfertigen hat müssen und dafür dem Gericht Kosten entstanden sind, ist den gesetzlichen Regelungen fremd.

Sofern im Erinnerungsverfahren von Seiten des Beschwerdeführers versucht worden ist, eine Kostenschuldnerschaft der Beschwerdegegner unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 19.4.2016 – L 15 SF 72/15 E, zu begründen, ist dabei verkannt worden, dass sich der vorgenannte Beschluss des Senats ausschließlich mit der Frage befasst hat, wer Kostenschuldner i.S.v. § 28 Abs. 1 S. 1 GKG, ist, also wenn die Erteilung von Ausfertigungen, Ablichtungen oder Ausdrucken beantragt worden ist. Davon zu...

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