1. Gem. § 43 Abs. 1 FamGKG richtet sich der Verfahrenswert in Ehesachen nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Umfang und der Bedeutung der Sache sowie den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Ehegatten. Nach § 43 Abs. 2 FamGKG ist dabei im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten in Ansatz zu bringen. Unstreitig beläuft sich das Nettoeinkommen beider Ehegatten auf monatlich 4.900,00 EUR. Der dreifache Betrag ergibt 14.700,00 EUR. Entgegen der Auffassung des AG reicht dieser Betrag indes nicht aus, um im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 43 Abs. 1 FamGKG dem Umfang und insbesondere der Bedeutung der Ehescheidung gerecht zu werden. Denn im Rahmen der notariellen Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung haben die Ehegatten ihr gemeinsames bereinigtes Vermögen mit 345.000,00 EUR angegeben.

2. Es wird nicht übersehen, dass sich das eheliche Vermögen nahezu ausschließlich aus einer ehemals gemeinsamen Liegenschaft zusammensetzt, welche von den geschiedenen Ehegatten nach wie vor in getrennten Bereichen bewohnt wird. Vor diesem Hintergrund hat das AG eine Einbeziehung des beiderseitigen Vermögens in die Berechnung des Verfahrenswerts für die Ehescheidung abgelehnt.

Eine derartige Differenzierung ist jedoch vom Wortlaut des § 43 Abs. 1 FamGKG nicht geboten und würde dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift widersprechen, welcher gerade darin liegt, sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalls in den Verfahrenswert für eine Ehesache einfließen zu lassen. Insbesondere ergibt sich aus § 43 Abs. 1 FamGKG nicht, dass Vermögenswerte, welche zum Schonvermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2, Abs. 3 SGB XII gehören, unberücksichtigt zu bleiben haben. Denn bei der Wertfestsetzung nach § 43 Abs. 1 FamGKG ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Die finanziellen Verhältnisse einer Familie, in deren Eigentum sich eine Wohnimmobilie befindet, sind aber in der Regel besser als diejenigen einer Familie, die nur über gemieteten Wohnraum verfügt. Dabei führt die Einbeziehung des Verkehrswerts einer Wohnimmobilie in die Ermittlung des Verfahrenswerts auch nicht unmittelbar zu der Konsequenz, dass das Vermögen in Form eines Hausgrundstücks zur Finanzierung der Kosten des Ehescheidungsverfahrens einzusetzen wäre. Soweit die Beteiligten nämlich die Kosten des Ehescheidungsverfahrens nicht zu tragen vermögen, steht ihnen das Institut der Verfahrenskostenhilfe zur Verfügung. In diesem Rahmen kann regelmäßig berücksichtigt werden, dass eine Immobilie, die der Familie als Wohnung dient, nach § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht zur Finanzierung der Verfahrenskosten einzusetzen ist (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 29.6.2012 – 12 WF 140/12, FamRZ 2013, 149, juris, Rn 17).

3. Nach einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rspr. ist der Verkehrswert des ehelichen Vermögens indes nicht uneingeschränkt in die Berechnungen nach § 43 Abs. 1 FamGKG einzustellen. Vielmehr hat zunächst eine Kürzung um einen Freibetrag für jeden der Ehegatten zu erfolgen, welcher zwischen 15.000,00 EUR (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.8.2008 – 3 WF 178/08, FamRZ 2009, 74, juris, Rn 8; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.4.2008 – 2 WF 40/08, FamRZ 2008, 2050, juris, Rn 11), 60.000,00 EUR (vgl. KG, Beschl. v. 14.1.2014 – 17 WF 265/13, FuR 2014, 598, juris, Rn 5; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.1.2003 – 9 WF 860/02, FamRZ 2003, 1681, juris, Rn 4 [=  AGS 2003, 409]) und 64.000,00 EUR (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 16.3.2005 – 11 WF 76/05, FamRZ 2006, 353, juris, Rn 5) liegt. Insoweit schließt sich der Senat der überwiegenden Auffassung an, welche einen Mittelwert in Höhe von etwa 30.000,00 EUR in Ansatz bringt (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 8.4.2014 – 10 WF 3/14, NZFam 2014, 801, juris, Rn 13; OLG Celle, Beschl. v. 29.6.2012 – 12 WF 140/12, FamRZ 2013, 149, juris, Rn 20; OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.5.2010 – 13 WF 20/10, FamRZ 2011, 755, juris, Rn 7; KG, Beschl. v. 3.11.2009 – 18 WF 90/09, FamRZ 2010, 829, juris, Rn 7; OLG Dresden, Beschl. v. 29.7.2005 – 20 WF 99/05, FamRZ 2006, 1053, juris, Rn 8).

Von dem Differenzbetrag fließt ebenfalls lediglich ein Bruchteil in die Verfahrenswertberechnung ein, welcher nach ganz herrschender Auffassung bei nicht mehr als 5 % liegt (vgl. KG, Beschl. v. 14.1.2014 – 17 WF 265/13, FuR 2014, 598, juris, Rn 4; OLG Celle, Beschl. v. 29.6.2012 – 12 WF 140/12, FamRZ 2013, 149, juris, Rn 21; OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.5.2010 – 13 WF 20/10, FamRZ 2011, 755, juris, Rn 7; OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.8.2008 – 3 WF 178/08, FamRZ 2009, 74, juris, Rn 8; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.4.2008 – 2 WF 40/08, FamRZ 2008, 2050, juris, Rn 11; OLG Dresden, Beschl. v. 29.7.2005 – 20 WF 99/05, FamRZ 2006, 1053, juris, Rn 8; OLG Hamm, Beschl. v. 16.3.2005 – 11 WF 76/05, FamRZ 2006, 353, juris, Rn 5; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.1.2003 – 9 WF 860/02, FamRZ 2003, 1681, juris, Rn 12 [=  AGS 2003, 409]).

4. Hieraus err...

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