1. Gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des LG ist die Beschwerde gem. § 68 Abs. 1 GKG statthaft.

Die Festsetzung eines "Streitwertes für den Vergleich" ist eine "Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren" i.S.v. § 68 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 2 GKG, da gem. Nr. 1900 GKG-KostVerz. ein Gebührensatz von 0,25 einer Wertgebühr nach § 34 GKG anfällt bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs, "soweit ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird".

Vor Befassung mit der eigentlichen Streitfrage, ob im vorliegenden Fall ein überschießender, d.h. über den rechtshängigen Streitgegenstand hinausgehender, Vergleichswert gegeben ist, ist die konkrete Prozesslage als Entscheidungsgrundlage herauszustellen wie folgt:

Gegenstand der Klage in der Hauptsache waren ein Zahlungsantrag betreffend rückständige BU-Rentenleistungen aus der Zeit vor Rechtshängigkeit (Klageantrag I.), ein Zahlungsantrag betreffend zukünftige BU-Rentenleistungen längstens bis zum Ende der Vertragslaufzeit (Klageantrag II.), ein Zahlungsantrag betreffend Beitragserstattungen aus der Zeit vor Rechtshängigkeit (Klageantrag III.) sowie ein Leistungsantrag auf Freistellung von der künftigen Beitragspflicht längstens bis zum Ende der Vertragslaufzeit (Klageantrag IV.).

Gegenstand des Prozessvergleichs war eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten (Nr. 1. des Vergleichs) und damit verbunden einerseits die Abgeltung jeglicher Ansprüche der Klägerin aus der streitgegenständlichen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Nr. 2 des Vergleichs) und andererseits die einvernehmliche Beendigung dieser Zusatzversicherung (Nr. 2 des Vergleichs) bei gleichzeitiger bedingungsgemäßer Weiterführung der Hauptversicherung (Nr. 3 des Vergleichs).

3. Die Frage, ob in der vorstehend beschriebenen Prozesssituation dem verfahrensbeendenden Vergleich ein gebührenrechtlich relevanter Mehrwert zukommt, ist umstritten.

a) Das LG hat in dem angefochtenen Beschluss diese Frage bejaht und sich hierbei auf die Entscheidung des Senats v. 22.3.2012 im Verfahren 8 W 390/12 bezogen.

In dieser Entscheidung hatte der Senat (Einzelrichterin) seine bisherige Rechtsauffassung, wonach er in Fällen, in denen in einem Vergleich bei Klagen auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung (ohne dass die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages Streitgegenstand war) neben der Abgeltung der zukünftigen Leistungen auch die Versicherung beendet wurde, keinen überschießenden Streitwert für gegeben erachtet, ausdrücklich aufgegeben. Es heißt dann weiter in der vorgenannten Beschwerdeentscheidung:

"Nunmehr schließt sich der Senat der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Karlsruhe, Stuttgart und Hamm an, die in solchen Fällen der Beendigung des Versicherungsverhältnisses einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert sehen; denn sie hat Bedeutung für die Einstandspflicht der Versicherung für zukünftige Versicherungsfälle. Der Versicherungsnehmer verzichtet auf weitere Ansprüche auch aus künftigen Versicherungsfällen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.5.2011 – 12 W 29/11; OLG Stuttgart Beschl. v. 7.12.2010 – 7 W 75/10; OLG Hamm, Beschl. v. 15.2.2012 – I-20 U 165/11 – alle Entscheidungen unveröffentlicht)."

Für die Bemessung des überschießenden Vergleichswertes über die Aufhebung einer Berufsunfähigkeitsversicherung hat entsprechend dem gleichen Interesse der Beteiligten an der Frage des wirksamen Fortbestandes einer Versicherung das zu gelten, was für die Bewertung einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer derartigen Versicherung gilt. Hierzu hat der BGH in seiner Entscheidung vom 6.10.2011 (IV ZR 183/10, VersR 2012, 76) ausgeführt, dass, wenn eine Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages kombiniert wird, bei der Ermittlung des Streitwertes eine eingeschränkte Wertaddition stattfindet. Insoweit ist für den Feststellungsantrag ein Betrag von 20 % der 3,5-fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie zusätzlich zu berücksichtigen. Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass insoweit eine wirtschaftliche Teil-Identität beider Klageanträge besteht. Er hat ein über den Leistungsantrag hinausgehendes wirtschaftliches Interesse nur im Hinblick auf künftige weitere Versicherungsfälle gesehen und dieses Interesse mit 20 % der 3,5fachen Jahresbeträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie bewertet.

Ein Unterschied in der Interessenlage beim Abschluss eines sog. Abfindungsvergleiches mit Beendigung des Versicherungsverhältnisses kann nicht gesehen werden.“

Auch auf Gegenvorstellung hin hat der Senat (Einzelrichterin) inhaltlich an seiner Entscheidung festgehalten (Beschl. v. 18.4.2012 über die Zurückweisung der Gegenvorstellung, RuS 2014, 207 = AGS 2013, 416).

b) Das OLG Hamm hat sich gleich mehrfach mit dieser Problematik befasst.

In der Entscheidung vom 15.2.2012 (20 U 165/11) hat es "nach den Grundsätzen der aktuellen Rspr. des BGH zur Streitwertberechnung bei Kombination einer Kl...

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