ZPO §§ 91 Abs. 4, 126

Leitsatz

Wenn der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt seine Gebühren aufgrund eines obsiegenden Urteils erster Instanz im eigenen Namen gem. § 126 ZPO beigetrieben hat, kann der Gegner diese Kosten gem. § 91 Abs. 4 ZPO im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den beigeordneten Rechtsanwalt rückfestsetzen lassen, wenn er im höheren Rechtszug obsiegt.

OLG Hamburg, Beschl. v. 31.8.2011 – 8 W 26/11

1 Sachverhalt

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist dem Kläger auf dessen Prozesskostenhilfeantrag hin vom LG beigeordnet worden. Nachdem der Kläger in erster Instanz obsiegt hatte, hat sein Prozessbevollmächtigter die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen gegen die Beklagte aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des LG v. 15.5.2009 im eigenen Namen beantragt. Auf diesen Antrag hat das LG am 12.6.2009 einen entsprechenden Kostenfestsetzungsbeschluss über 1.024,30 EUR nebst Zinsen erlassen, woraufhin die Beklagte den festgesetzten Betrag nebst Zinsen von 8,55 EUR (= 1.032,85 EUR) an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gezahlt hat. Nachdem das OLG die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen hat, hat der BGH das Urteil des OLG aufgehoben, das Urteil des LG abgeändert, die Klage abgewiesen und den Kläger zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Auf Antrag der Beklagten hat der Rechtspfleger des LG den von der Beklagten auf den Kostenfestsetzungsbeschluss v. 12.6.2009 gezahlten Betrag von insgesamt 1.035,85 EUR mit Kostenfestsetzungsbeschluss v. 24.5.2011 nebst Zinsen rückfestgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers, der im Kern vorbringt, die Kostenfestsetzung könne sich nicht gegen den Prozessbevollmächtigten persönlich richten. § 91 Abs. 4 ZPO sei auf den Prozessbevollmächtigten nicht anwendbar, wie das OLG Hamburg in dem Verfahren 4 W 120/11 festgestellt habe.

Der Rechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat er – unter Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen eines in der Sache entgegenstehenden Beschlusses des vierten Zivilsenats v. 3.6.2011 – 4 W 120/11 – ausgeführt, die Beklagte habe einen Anspruch auf Rückerstattung zumindest entsprechend § 717 Abs. 2 ZPO, der der Rückfestsetzung zugänglich sei. Der Klägervertreter sei Partei des Kostenfestsetzungsverfahrens. Auf dieses Verfahren seien die §§ 103 ff. ZPO entsprechend anwendbar, sodass eine Rückfestsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren für die wie hier unstreitige Zahlung möglich sei. § 91 Abs. 4 ZPO sei auf die vorliegende Konstellation zumindest entsprechend anwendbar. In dieser Vorschrift werde zwar geregelt, dass zu den Kosten des Rechtsstreits auch Kosten gehören, "die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat". Der beigeordnete Anwalt sei aber im Verfahren nach § 126 ZPO Partei des Verfahrens, weshalb die Vorschrift zumindest entsprechend anwendbar sei.

Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

1. Die (sofortige) Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist zwar nach den §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässig. Da der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Ausübung seines Beitreibungsrechts nach § 126 Abs. 1 ZPO den Antrag auf Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen gegen die Beklagte im eigenen Namen gestellt hat, ist nicht seine Partei, sondern der Prozessbevollmächtigte selbst Partei des Kostenfestsetzungsverfahrens. Daher kann der Prozessbevollmächtigte auch aus eigenem Recht Rechtsmittel einlegen (OLG Hamburg, Beschl. v. 3.6.2011 – 4 W 120/11; vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 126 Rn 8).

2. Die sofortige Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Rechtspfleger des LG hat die Rückfestsetzung der von der Beklagten an den beigeordneten Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses v. 12.6.2009 gezahlten Kosten zu Recht vorgenommen. Der Senat vermag sich der Auffassung des vierten Zivilsenats nicht anzuschließen, eine Rückfestsetzung der nach § 126 ZPO zugunsten eines Prozessbevollmächtigten persönlich festgesetzten Kosten komme nicht in Betracht, weil § 91 Abs. 4 ZPO nur im Verhältnis der Parteien des Rechtsstreits zueinander anwendbar sei (OLG Hamburg, Beschl. v. 3.6.2011 – 4 W 120/11).

a) § 91 Abs. 4 ZPO bestimmt zwar lediglich ausdrücklich, dass zu den Kosten des Rechtsstreits auch diejenigen Kosten gehören, "die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat". Seinem Wortlaut nach regelt § 91 Abs. 4 ZPO damit nicht den Fall, dass die obsiegende Partei an den Prozessbevollmächtigten der unterlegenen Partei, der sein Beitreibungsrecht nach § 126 Abs. 1 ZPO ausgeübt hat, gezahlt hat.

Ferner ist auch der Begründung im Gesetzgebungsverfahren zu dem mit dem ersten Justizmodernisierungsgesetz eingefügten § 91 Abs. 4 ZPO (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz, BT-Drucks...

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