1. a) Die Verfahrenswertbeschwerde wurde zwar rechtzeitig angebracht (§§ 59 Abs. 1 S. 3, 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG), aber sie erweist sich als unzulässig, da die Antragsgegnerin durch den von ihr angegriffenen Beschluss nicht beschwert ist: Denn von ihr wird nicht eine Herabsetzung des Verfahrenswertes, sondern dessen – freilich nicht näher bezifferte – Heraufsetzung begehrt. Durch eine Heraufsetzung würde sie jedoch belastet werden, weil sich dadurch die von ihr zur Hälfte zu tragenden Gerichtskosten sowie die Vergütung, die sie ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu zahlen hat, erhöhen würde. Das kann nicht in ihrem Interesse sein. Deshalb kann sie auch kein schutzwürdiges Interesse an einer derartigen Beschwerde haben, sondern diese ist mangels Beschwer der Antragsgegnerin als unzulässig zu verwerfen (§ 68 Abs. 2 S. 2 FamFG sowie Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 4. Aufl., 2019, § 59 FamGKG Rn 8).

b) An einer Heraufsetzung des Verfahrenswertes kann nur die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ein Interesse haben, weil sich dadurch deren Vergütung erhöhen würde. Zu diesem Zweck verfügt sie deshalb über ein eigenes Antragsrecht nach § 32 Abs. 2 RVG. Dafür, dass die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin in eigenem Namen eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes begehrt hätte, ist jedoch nichts ersichtlich; dem Wortlaut der Beschwerdeschrift zufolge wird das Rechtsmittel von ihr nicht im eigenen Namen, sondern "in der Familiensache … ./. …" eingelegt, also namens der Antragsgegnerin, ihrer Mandantin, was unzulässig ist und zur Verwerfung des Rechtsmittels führt.

c) Hiervon unabhängig ist die Beschwerde aber auch deshalb unzulässig, weil nicht festgestellt werden kann, ob der Beschwerdewert von mehr als 200,00 EUR (§ 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG) erreicht ist. Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ist darauf hinzuweisen, dass eine Verfahrenswertbeschwerde, selbst wenn sie entsprechend § 32 Abs. 3 RVG im eigenen Namen des Rechtsanwalts eingelegt wird, nur zulässig ist, wenn der Beschwerdewert erreicht ist. Der Beschwerdewert ergibt sich nicht aus der Differenz zwischen dem festgesetzten zum angestrebten Verfahrenswert, sondern aus der Gebührendifferenz. Um diese ermitteln zu können, ist es erforderlich, dass der angestrebte Verfahrenswert beziffert wird. Die Angaben von bloßen Vermutungen "in’s Blaue" hinein wie etwa der Hinweis, der Beteiligte unterhalte eine private Krankenversicherung oder habe Monate vor Verfahrenseinleitung einmal über ein teures Sportfahrzeug verfügt, genügt hierfür nicht.

2. Auch wenn es danach nicht weiter darauf ankommt, ist darauf hinzuweisen, dass ein Fehler in der Verfahrenswertfestsetzung nicht ersichtlich ist. Der Verfahrenswert ist glaubhaft zu machen (Rechtsgedanke des § 511 Abs. 3 ZPO; vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl., 2020, § 61 Rn 10). Bloße Vermutungen ohne konkrete Tatsachengrundlage reichen hierfür, wie das FamG völlig zu Recht hervorgehoben hat, nicht aus: Dass der Antragsgegner bis etwa sieben Monate vor Verfahrenseinleitung ein teures Auto fuhr, ist kein Beleg dafür, dass er auch über ein entsprechendes (welches?) Einkommen verfügte. Es ist daran zu erinnern, dass in gewissen Kreisen Luxusfahrzeuge als Statussymbole angesehen werden, die – auf welchen Wege auch immer – gehalten werden, obwohl die finanziellen Verhältnisse das "eigentlich" nicht erlauben. Auch der Umstand, dass der Antragsteller über eine private Krankenversicherung verfügt, ist kein zwingendes Indiz für ein Einkommen oberhalb der sogenannten "Versicherungspflichtgrenze" (in 2019: 5.062,50 EUR brutto/Monat): Selbstständig Erwerbstätige wie der Antragsteller können sich bei der Krankenversicherung in der Regel zwischen einem privaten und einem (freiwilligen) gesetzlichen Krankenversicherungsschutz entscheiden. Während abhängig Beschäftigte mit ihrem Einkommen erst die sogenannte Versicherungspflichtgrenze überschreiten müssen, um in die private Krankenversicherung wechseln zu können (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), gilt diese Voraussetzung für hauptberuflich Selbstständige nicht, da sie sich unabhängig vom Einkommen privat krankenversichern können (§ 5 Abs. 5 SGB V). Und auch der Umstand, dass der Antragsteller im Jahr 2017 aus selbstständiger Tätigkeit noch einen Überschuss i.H.v. ca. 3.760,00 EUR/brutto Monat erwirtschaftet hat, besagt nichts darüber, über welches Einkommen er im März 2019, bei Einreichung des Scheidungsantrages, verfügt hat: Die Einkünfte selbstständig Tätiger unterliegen nicht selten starken Schwankungen.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 59 Abs. 3 FamGKG. Eine Entscheidung über die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst (§§ 59 Abs. 1 S. 5, 57 Abs. 7 FamGKG). Obwohl die Beschwerde als unzulässig verworfen wird, bedurfte es keines vorgängigen Hinweises an die Antragsgegnerin, weil die Verwerfung für sie mit keinen Kosten verbunden ist (§ 59 Abs. 3 FamGKG).

AGS 12/2020, S. 580 - 581

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