In diesem Heft finden sich gleich zwei Aufsätze. Lissner referiert zu den aktuellen Entwicklungen in 2020 zum Beratungshilferecht (S. 554). Hagen Schneider befasst sich mit der Abrechnung in den besonderen Zwangsmittelverfahren nach § 35 FamFG (S. 555).

Dass ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer nach § 14 Abs. 2 RVG nur im Vergütungsprozess einzuholen ist, dürfte inzwischen einhellige Rechtsprechung sein. Das OLG Frankfurt hat dies nochmals bestätigt (S. 561). Im Schadensersatzprozess bedarf es keines Gutachtens.

Das OLG Hamm kommt zu dem Ergebnis, dass eine Terminsgebühr auch dann anfallen kann, wenn mehrere Telefonate mit dem Richter geführt werden (S. 561).

Interessant ist auch die Entscheidung des AG Siegburg, wonach die sofortige Beschwerde gegen eine Kostenfestsetzungsbeschluss und die anschließende Erinnerung gegen den Abhilfebeschluss gesonderte Angelegenheiten darstellen (S. 564).

Kurios ist die Entscheidung des AG Bad Liebenwerda, das in einem einheitlichen Ermittlungsverfahren drei verschiedene Gebührenangelegenheiten angenommen hat, weil es um verschiedene Tatzeiträume ging (S. 566). Mit der gesetzlichen Regelung lässt sich dies nur schwerlich in Einklang bringen.

Das AG Hamburg-Altona und nachfolgend das LG Hamburg folgen der Auffassung, dass auch die Teilnahme an einem Sachverständigentermin die Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV auslöst (S. 567).

Das OLG Naumburg (S. 569) hat die in AGS 2020, 324 veröffentlichte Entscheidung des LG Magdeburg aufgehoben und klargestellt, dass es für den sog. geplatzten Termin in Strafsachen des persönlichen Erscheinens des Verteidigers im Gerichtsgebäude bedarf.

Ein Dauerstreitthema ist die Frage, ob die fiktive Terminsgebühr bei Erledigung des Verfahrens durch Gerichtsbescheid nur dann anfällt, wenn die vom Anwalt vertretene Partei zulässigerweise mündliche Verhandlung beantragen kann, oder auch dann, wenn lediglich die Gegenseite zulässigerweise einen solchen Antrag stellen kann. Das VG München folgt der m.E. unzutreffenden h.M., dass es auf die eigene Antragsberechtigung ankomme und lehnt eine Terminsgebühr ab (S. 570).

Das SG Frankfurt befasst sich mit der Frage, ob mehrere Einigungsgebühren anfallen, wenn in einem gemeinsamen Vergleich mehrere Verfahren erledigt werden, und bejaht dies (S. 575).

Das SG Saarland (S. 576) befasst sich mit der Frage, ob die im Widerspruchsverfahren entstandene Geschäftsgebühr auch in einem Eilverfahren anzurechnen ist und bejaht dies. Diese Entscheidung dürfte allerdings unzutreffend sein, da Hauptsache und Eilsache zwei verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, was wiederum eine Anrechnung ausschließt.

Interessant ist auch die Entscheidung des AG Marburg (S. 578). Dort war der Anwalt in einem bereits anhängigen Verfahren beauftragt worden. Das Mandat wurde allerdings gekündigt, bevor der Anwalt sich bestellen konnte. Ungeachtet dessen ist die 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV angefallen. Das AG Marburg stellt klar, dass diese Gebühr auch festsetzungsfähig ist.

Für eine Streitwertbeschwerde besteht eine Frist von sechs Monaten. Fraglich ist, wann die Frist bei übereinstimmender Erledigungserklärung beginnt, also bereits mit Eingang der letzten Erledigungserklärung oder erst mit der Kostenentscheidung. Das VGH München stellt klar, dass die Frist mit Eingang der letzten Erledigungserklärung beginnt (S. 579).

Dass gestaffelte Wertfestsetzungen unzulässig sind, hat das LSG Baden-Württemberg zum wiederholten Male bestätigt (S. 582).

Höchst aktuell ist die Entscheidung des BVerfG (S. 585). Das LAG Sachsen (AGS 2020, 184) war der Auffassung, dass Streitwertbeschwerden eines rechtsschutzversicherten Mandanten unzulässig seien, weil er rechtsschutzversichert sei. Er müsse die angefallenen Kosten ja nicht selbst tragen, sodass er durch einen zu hohen Streitwert auch nicht beschwert sein könne. Das BVerfG hat diese Rechtsprechung für verfassungswidrig erklärt und die Entscheidung des LAG aufgehoben.

Dass man auch WhatsApp lesen muss, wenn man sich auf dieses Medium einlässt, hat das LG Bonn klargestellt und einem Beklagten das kostenbefreiende Anerkenntnis nach § 93 ZPO verweigert, weil sein Anwalt seine WhatsApps nicht gelesen hatte (S. 591).

Wird sowohl Erinnerung als auch Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt, dann wird die Erinnerung automatisch zur Anschlussbeschwerde. Darüber ist einheitlich zu entscheiden (OLG Stuttgart, S. 593).

Mit der Erstattung von Rechtsanwaltskosten bei der Verletzung der Informationspflicht gem. Art. 14 Abs. 2 FluggastVO hat sich der BGH erneut beschäftigt und eine Erstattungspflicht der aufgewandten Anwaltskosten bejaht (S. 595).

Für die Praxis bedeutsam ist auch die Entscheidung des LG München I über das Akteneinsichtsrecht des Rechtsschutzversicherers (S. 599).

Autor: Norbert Schneider

Rechtsanwalt Norbert Schneider

AGS 12/2020, S. II

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