1. Die Kammer entscheidet gem. §§ 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 2 u. 3 RVG ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter.

2. Die Erinnerung gem. § 56 Abs. 1 S. 1 RVG ist zulässig, aber unbegründet. Der Erinnerungsführer hat lediglich Anspruch auf die bereits im angefochtenen Beschluss festgesetzte, aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung i.H.v. 42,14 EUR.

a) Maßgeblich für die nach § 55 Abs. 1 S. 1 RVG aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung ist der Prozesskostenhilfebeschluss (§ 48 Abs. 1 RVG), mit dem Prozesskostenhilfe für (Teil-) Streitgegenstände, die mit insgesamt 10 % der insgesamt anhängig gemachten Streitgegenstände bewertet wurden, bewilligt wurde.

b) Diese Prozesskostenhilfebewilligung ist dahingehend zu verstehen, dass aus dem nach § 30 Abs. 1 RVG maßgeblichen Gegenstandswert von 5.000,00 EUR – Gründe für eine abweichende gerichtliche Festsetzung nach § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor – die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung zu berechnen und anschließend hiervon 10 % festzusetzen sind.

aa) Im Ausgangspunkt ist festzustellen, dass die vorliegende Konstellation gesetzlich nicht abschließend geregelt ist.

Die Vorschrift des § 23a RVG, die eine Regelung für den Gegenstandswert im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe trifft, ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, sondern kommt dann zum Tragen, wenn ein Prozessbevollmächtigter lediglich in einem Prozesskostenhilfeverfahren ohne Hauptsacheverfahren, das nach § 16 Nr. 2 RVG gebührenrechtlich eine Einheit mit dem Prozesskostenhilfeverfahren darstellt, tätig wird (vgl. Eckert, StBVV, 6. Aufl., 2017, § 23a RVG Rn 1 f.). Die Frage, welche Vergütung aus der Staatskasse für die lediglich teilweise bewilligte Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, lässt sich § 23a RVG nicht entnehmen.

Auch der Vorschrift des § 49 RVG lässt sich keine abschließende Regelung für den vorliegenden Fall entnehmen. Nach § 49 RVG werden bei einem Gegenstandswert von mehr als 4.000,00 EUR anstelle der Gebühr nach § 13 Abs. 1 RVG im Einzelnen aufgeführte Gebühren vergütet, wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. Der Auffassung, diese Vorschrift stehe im Falle einer teilweise erfolgten Prozesskostenhilfebewilligung einer Quotelung der danach errechneten Gebühren entgegen (so HessVGH, Beschl. v. 7.8.2019 – 4 E 1311/19.A, NVwZ-RR 2020, 271 [= AGS 2019, 530]), schließt sich die Kammer nicht an. Vielmehr lässt sich § 49 RVG gerade nicht entnehmen, dass eine Quotelung der aufgrund von § 49 RVG ermittelten Gebühren unzulässig wäre, solange zunächst die Gebühren aus einem Gegenstandswert berechnet werden (im Ergebnis ebenso: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26.7.2016 – OVG 3 K 40/16, NVwZ-RR 2017, 73 [= AGS 2016, 534]).

bb) Grds. ist zur sachgerechten Behandlung im Fall einer lediglich teilweisen Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Überzeugung der Kammer eine Berechnung nach der Differenzmethode vorzunehmen.

Demnach sind die Gebührenbeträge für den von der Prozesskostenhilfebewilligung nicht erfassten Teil der Unterschied zwischen den Gebühren für den vollen Gegenstandswert und den Gebühren, die durch den von der Prozesskostenhilfebewilligung gedeckten Teil allein entstehen würden (vgl. grundlegend zum damaligen Armenrecht betreffend den Streitwert: BGH, Beschl. v. 2.6.1954 – V ZR 99/53, NJW 1954, 1406). Dieser Rspr. des BGH aus dem Jahr 1954, die in Lit. und Rspr. weiter (beispielhaft: FG Thüringen, Beschl. v. 6.6.2008 – 4 Ko 518/07, juris Rn 28; OLG Koblenz, Beschl. v. 21.8.1989 – 11 WF 929/89; KG, Beschl. v. 14.10.1987 – 1 WF 4663/86; Schultzky, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., 2020, § 122 Rn 13) geteilt wird, schließt sich die Kammer an. Würde nämlich eine andere Berechnungsmethode gewählt, würde § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht berücksichtigt und ein bedürftiger Beteiligter bezüglich des nicht der Prozesskostenhilfe unterliegenden Teils bei isolierter Betrachtung schlechter als ein nicht bedürftiger Beteiligter gestellt (vgl. dazu Sommerfeldt, in: BeckOK RVG, 49. Edition 2020, § 48 Rn 66; vgl. i.Ü. anschaulich zur Differenzmethode: Schneider, Abrechnung bei nur teilweise bewilligter Prozesskostenhilfe, NJW-Spezial 2015, 475).

Im Ergebnis stellt die Differenzmethode zutreffend darauf ab, dass sowohl ein bedürftiger als auch ein nicht bedürftiger Beteiligter in gleichem Maße für die Kosten und Gebühren einer Forderung, die den Streitgegenstand, für den Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, übersteigt, aufzukommen haben. Die Differenzmethode berücksichtigt in solchen Fällen die degressive Kostenentwicklung bei höheren Streit- bzw. Gegenstandswerten.

cc) Die Differenzmethode ist jedoch aus Sicht der Kammer bei Verfahren mit einem gesetzlich festgelegten Regelgegenstandswert dahingehend zu modifizieren, dass sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung aus dem Regelgegenstandswert berechnet und hiervon ein dem Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss entsprechender anteiliger Abschlag vorzunehmen ist, da andernfalls ein bedürftiger Beteili...

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