Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil das beabsichtigte Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZPO). Das LG hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren versagenden Beschluss des AG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

Dabei kann dahinstehen, ob der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Mahnverfahren – wie das LG meint – bereits deshalb die Erfolgsaussicht fehlt, weil mit einem Widerspruch des Antragsgegners gegen einen etwaigen Mahnbescheid zu rechnen ist. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich als mutwillig i.S.d. § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO.

1. Der sachliche Geltungsbereich der §§ 114 ff ZPO erstreckt sich auf alle in der Zivilprozessordnung geregelten Verfahren. Für das Mahnverfahren kann – beschränkt auf dieses Verfahren – Prozesskostenhilfe bewilligt werden (allg. Meinung; vgl. nur Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 14. Aufl., § 114 Rn 8; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 38. Aufl., Vorbem. § 688 Rn 12; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 114 Rn 2; jew. m.w.N.). Dabei gilt die Voraussetzung fehlender Mutwilligkeit auch für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren (MüKoZPO/Wache, 5. Aufl., § 114 Rn 22).

2. Mutwilligkeit liegt insbesondere vor, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Senat, Beschl. v. 21.11.2013 – III ZA 28/13, BeckRS 2013, 22403 Rn 9; BGH, Beschl. v. 6.7.2010 – VI ZB 31/08, NJW 2010, 3522 Rn 6). Aus der gem. Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutzgleichheit folgt, dass die mittellose Partei nur einer solchen "normalen" Partei gleichgestellt werden muss, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt (BVerfG, NJW 1991, 413; NJW 2013, 2013, 2014). Es ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Personen Prozesse zu ermöglichen, die eine wirtschaftlich leistungsfähige Partei bei vernünftiger und sachgerechter Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht führen würde (Musielak/Voit/Fischer a.a.O. § 114 Rn 30 m.w.N.).

3. Nach diesen Maßstäben ist die Rechtsverfolgung des Antragstellers mutwillig. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage würde eine verständige Partei, die selbst für die Gerichtskosten aufzukommen hat, davon absehen, einen Mahnbescheid über einen Hauptsachebetrag von 400.000.000,00 EUR gegen den Freistaat B. zu beantragen, auch wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass nach §§ 688 ff. ZPO vorliegen sollten.

Dass dem Antragsteller, der keiner geregelten Beschäftigung nachgeht, durch Strafverfolgungsmaßnahmen ein Schaden in der geltend gemachten Größenordnung entstanden sein könnte, ist gänzlich fernliegend. Die Staatsanwaltschaft A. hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass der Antragsteller in dem Strafverfahren 501 Js 140433/09 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist, die vollständig vollstreckt wurde. Die in dem weiteren Strafverfahren 501 Js 117364/09 gegen den Antragsteller vollzogene Untersuchungshaft von 75 Tagen wurde nach Verfahrenseinstellung gem. § 154 Abs. 2 StPO im Rahmen der Strafvollstreckung auf die vorgenannte Freiheitsstrafe angerechnet. Eine Entschädigungspflicht der Staatskasse wurde in keinem der Strafverfahren festgestellt. Dementsprechend hat die Staatsanwaltschaft A. Schadensersatzansprüche des Antragstellers mit Bescheid vom 25.4.2016 abgelehnt. Auch sonst ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller berechtigt sein könnte, einen Schaden in der – nicht näher erläuterten – ungewöhnlichen Größenordnung von 400.000.000,00 EUR zu beanspruchen, zumal der Antragsgegner den Anspruch bestritten und bereits Widerspruch gegen einen etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat. Bei dieser Sachlage drängt es sich auf, dass der Antragsteller die Allgemeinheit für Gerichtskosten in Anspruch nehmen möchte, die eine die Prozessaussichten vernünftig abwägende und auch das Kostenrisiko berücksichtigende verständige Partei niemals tragen würde.

4. Der Versagung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren steht nicht entgegen, dass das LG die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Die vom Beschwerdegericht aufgeworfene Frage, ob Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren bereits mangels Erfolgsaussicht zu verneinen sei, wenn ein Widerspruch des Antragsgegners absehbar sei, ist nicht entscheidungserheblich, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung im konkreten Fall mutwillig erscheint und Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht in Betracht kommt. Das Vorliegen von Mutwilligkeit kann auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung und der vorliegenden Rspr. abschließend beantwortet werden.

AGS 12/2017, S. 580 - 581

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