Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zwar zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Das AG Wiesbaden hat die Beklagten zu Recht zur Zahlung von 3.188,25 EUR auf der Grundlage von § 611 BGB unter Anwendung von Nr. 2300 VV verurteilt.

Unstreitig haben die Beklagten die Kläger mit der Erstellung von Testamentsentwürfen beauftragt, die die Kläger gefertigt haben. Diese Tätigkeit löste im vorliegenden Falle eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV, nicht die Beratungsgebühr nach § 34 RVG aus.

Eine Beratungsgebühr entsteht für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), wenn die Beratung nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammen hängt. Demgegenüber entsteht nach Nr. 2300 VV die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages. Sie entsteht indes nicht, soweit sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Erteilung eines Rats oder einer Auskunft beschränkt. Die Abgrenzung einer Beratung von einer Geschäftsbesorgung und damit die Abgrenzung einer Beratungsgebühr von einer Geschäftsgebühr ist im Einzelfall schwierig. Um eine Beratung handelt es sich dann, wenn der Rechtsanwalt auftragsgemäß nur im Innenverhältnis zum Mandanten beratend tätig wird, also kein anderes Geschäft, insbesondere keine Vertretung des Mandanten mit der Beratung verbunden ist. In der Formulierung "für das Betreiben des Geschäfts" kommt demgegenüber zum Ausdruck, dass es sich um die Gebühr handelt, nach der grundsätzlich die außergerichtliche Vertretung abzurechnen ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2012 – 24 U 224/11, zit. n. juris [= AGS 2012, 454]). Eine Beratung liegt danach vor, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts in einem Informationsaustausch mit dem Auftraggeber erschöpft. Dagegen entsteht die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung nach Nr. 2300 VV, wenn der Auftrag darauf gerichtet ist, dass der Rechtsanwalt nach außen tätig wird (BGH, Urt. v. 19.5.2010 – I ZR 140/08, zit. n. juris). Erforderlich ist indes nicht, dass der Rechtsanwalt auch tatsächlich nach außen auftritt (Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 34 Rn 14).

Im vorliegenden Falle kann angesichts des konkret erteilten Auftrags nicht lediglich von einer beratenden Tätigkeit ausgegangen werden, die sich allein auf das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Beklagten beschränkte. Denn unstreitig waren die Kläger mit der Erstellung von zwei Testamenten beauftragt, die inhaltlich dergestalt aufeinander abzustimmen waren, dass der Widerruf des einen Testaments auch den Widerruf des anderen Testaments zur Folge gehabt hätte. Damit kommt dem von den Beklagten vorgegebenen Inhalt der Testamente eine ähnliche Wirkung zu wie einem gemeinschaftlichen Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen, dessen Entwurf von der Geschäftsgebühr umfasst wird (Mayer, a.a.O., § 34 Rn 14; vgl. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 28.11.2012 – 4 U 139/12, zit. n. juris [= AGS 2015, 505]). Den Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Wortlaut von Nr. 2300 VV von der Gestaltung eines Vertrages spricht. Sie wollten jedoch mit ihren letztwilligen Verfügungen eine vertragliche oder vertragsähnliche Bindung herbeiführen, die es rechtfertigt, hier von einer Anwendbarkeit von Nr. 2300 VV auszugehen. Denn auch in diesem Falle liegen – wie bei einem Vertrag – aufeinander abgestimmte Willenserklärungen zweier Personen vor. Insofern kann auch auf das Gutachten der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main verwiesen werden, wonach die Tätigkeit, die ein Rechtsanwalt für die Erstellung von Entwürfen eines gemeinschaftlichen Testaments ohne wechselbezügliche Verfügungen bzw. zwei aufeinander abgestimmte Einzeltestamente entfaltet, welche nicht der Auslegung zum gemeinschaftlichen Testament zugänglich seien, sich nicht von der Erstellung von Entwürfen eines Erbvertrages und eines gemeinschaftlichen wechselbezüglichen Testaments unterscheide. Stellt man auf eine vertragliche oder vertragsähnliche Bindung ab, wird auch dem Wortlaut der Vorschrift Rechnung getragen. Für die hier vertretene Auffassung spricht auch die Gesetzesbegründung zur Einführung von Nr. 2300 VV. Danach soll Nr. 2300 VV an die Stelle des § 118 BRAGO treten (BT-Drucks Nr. 15/1971, 206). § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO betraf die Vergütung für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, des Einreichens, Fertigens oder Unterzeichnens von Schriftsätzen oder Schreiben und des Entwerfens von Urkunden (Geschäftsgebühr). Auch wenn in Nr. 2300 VV nicht mehr von Entwerfen von Urkunden, sondern von Gestaltung von Verträgen die Rede ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass Fälle der vorliegenden Art vom Anwendungsbereich der Vergütungsvorschrift ausgeschlossen sein sollten. I.Ü. kann auf die zutreffenden Ausführungen des AG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden.

Da eine wirksame Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien nicht vorli...

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