Da der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.1962 – V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.; v. 4.7.2013 – IX ZR 229/12, WM 2013, 1615 Rn 6, insoweit nicht abgedr. in BGHZ 198, 77).

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Gläubiger, der aus Gründen der sich aus § 254 BGB ergebenden Schadensminderungspflicht gehalten sei, den Schaden möglichst gering zu halten, habe den Umfang der Einschaltung eines Rechtsanwalts an den objektiven Erfordernissen der Rechtsverfolgung zu orientieren. Wenn, wovon im vorliegenden Fall auch mangels entgegenstehenden, den konkreten Fall betreffenden Vortrags des Klägers auszugehen sei, über ein einfaches Mahnschreiben hinaus keine weiteren anwaltlichen Tätigkeiten geboten seien, sei der Gläubiger gehalten, seinen Auftrag entsprechend zu begrenzen.

II. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Der aus abgetretenem Recht der Zedentin geltend gemachte materielle Kostenerstattungsanspruch aus § 280 Abs. 2, § 286 BGB ist nicht auf die 0,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV a.F. (= Nr. 2301 VV) beschränkt.

1. Nach std. Rspr. des BGH hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urt. v. 8.11.1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 [= AGS 1995, 30]; v. 23.10.2003 – IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; v. 18.1.2005 – VI ZR 73/04, NJW 2005, 1112; v. 6.10.2010 – VIII ZR 271/09, WuM 2010, 740 [= AGS 2011, 102]; v. 23.1.2014 – III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn 48 [= AGS 2015, 97]). Maßgeblich ist die ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person (BGH, Beschl. v. 31.1.2012 – VIII ZR 277/11, NZM 2012, 607 Rn 4 [= AGS 2012, 360]). Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt (BGH, Urt. v. 8.11.1994, a.a.O., S. 351; v. 18.1.2005, a.a.O.).

Ein Schadensfall in diesem Sinne liegt auch vor, wenn der Schuldner einer Entgeltforderung (vgl. BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 259/09, NJW 2010, 3226 Rn 12; v. 17.7.2013 – VIII ZR 334/12, NJW 2014, 1171 Rn 13) in Zahlungsverzug gerät (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.2010, a.a.O.; v. 31.1.2012, a.a.O.; v. 16.7.2015 – IX ZR 197/14, z.V.b.). Zur Beitreibung einer solchen Forderung ist dann regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1994, a.a.O., S. 353). Das seinerseits Erforderliche tut der Gläubiger dadurch, dass er den Schuldner in Verzug setzt. Eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung muss er nicht hinnehmen. Vielmehr kann er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts Nachdruck verleihen.

2. Darf der Gläubiger einer Entgeltforderung die Einschaltung eines Rechtsanwalts für erforderlich und zweckmäßig halten, muss er einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung in der Regel nicht auf ein Schreiben einfacher Art nach Nr. 2302 VV a.F. (= Nr. 2301 VV) beschränken.

a) Gerät der Schuldner in Verzug, ist er zur Zahlung regelmäßig entweder nicht willens oder nicht in der Lage. Dies kann für den Gläubiger offen zutage treten, wenn der Schuldner Einwendungen gegen die geltend gemachte Forderung erhebt oder auf seine Zahlungsunfähigkeit hinweist. Hingegen bleibt der Grund für die Nichtzahlung für den Gläubiger im Dunkeln, wenn der Schuldner auch auf eine Mahnung nicht reagiert. In jedem Fall darf der Gläubiger eine rechtliche Beratung für erforderlich und zweckmäßig halten, die sich zunächst mit dem weiteren Vorgehen zu befassen hat. Ist der Schuldner zahlungsunfähig oder liegt eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung vor, können außergerichtliche Zahlungsaufforderungen durch den Rechtsanwalt als nicht erfolgversprechend und daher als nicht zweckmäßig anzusehen sein (vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1974 – IV ZR 2/72, VersR 1974, 639, 641 f.; MüKoBGB/Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn 156; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 286 Rn 45). Dann kommt eine sofortige Titulierung der Forderung in Betracht. Anders ist dies, wenn der Schuldner weitere Verhandlungsbereitschaft zu erkennen gegeben oder bislang gar nicht reagiert hat. Hier kann sich der Versuch einer außergerichtlichen Erledigung unter Zuhilfenahme des Rechtsanwalts anbieten.

aa) All dies weiß der Gläubiger grundsätzlich nicht, denn er ist in der Regel nicht rechtskundig. Die Konsequenzen der Zahlungsunfähigkeit oder der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung kenn...

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