RVG VV Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104

Leitsatz

Hat in einem den Umgang betreffenden Verfahren ein Anhörungs- oder Erörterungstermin tatsächlich nicht stattgefunden, wird die Terminsgebühr im Falle eines schriftlichen Vergleichabschlusses nicht nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV ausgelöst (Bestätigung des Senatsbeschl. v. 14.12.2009 – 10 WF 358/09, FamRZ 2011, 590 f.; entgegen OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.9.2010 – 8 WF 133/10, FamRZ 2011, 591 f.).

OLG Celle, Beschl. v. 13.9.2011 – 10 WF 227/11

1 Sachverhalt

Der Antragsteller beantragte den gerichtlichen Ausschluss des persönlichen Umgangs des in seiner Obhut lebenden gemeinsamen Sohnes mit der Antragsgegnerin. Das AG hat ihm für das Verfahren Verfahrenskostenhilfe (VKH) unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt und für das Kind gem. § 158 Abs. 1 FamFG einen Verfahrensbeistand bestellt.

Nachdem dieser mit allen Beteiligten Gespräche geführt und dem Gericht berichtet hatte, bot der Antragsteller schriftsätzlich den Abschluss einer Elternvereinbarung betreffend die künftige Handhabung des Umgangs an. Die Antragsgegnerin ließ durch ihre Verfahrensbevollmächtigte ihre Bereitschaft zur Annahme dieses Einigungsangebots mitteilen. Daraufhin hob das AG den bereits anberaumten Kindesanhörungstermin auf und stellte durch Beschluss das Zustandekommen der vorgeschlagenen Elternvereinbarung fest und billigte diese gem. § 156 Abs. 2 FamFG.

Hiernach beantragte die beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Festsetzung ihrer Vergütung gegenüber der Landeskasse. Dem lag u.a. auch eine 1,2-Terminsgebühr – (Nr. 3104 VV) zugrunde.

Die Kostenbeamtin des AG setzt die aus der Landeskasse an die Verfahrensbevollmächtigte zu zahlende VKH-Vergütung ohne Terminsgebühr fest.

Hiergegen richtete sich die Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers. Diese vertritt – auch unter Berufung auf eine dahingehende Entscheidung des OLG Stuttgart (Beschl. v. 14.9.2010 – 8 WF 133/10, FamRZ 2011, 591 f.) die Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Terminsgebühr gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entstanden sei, da in Kindschaftsverfahren die mündliche Erörterung vorgeschrieben, vorliegend jedoch mit Einverständnis der Beteiligten unterblieben sei. Erörterung i.d.S. sei gleichbedeutend mit mündlicher Verhandlung, so dass auch bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren die Terminsgebühr entstehe.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Bezirksrevisor ist in seiner Stellungnahme der Erinnerung entgegengetreten; er hält – insbesondere auch unter Hinweis auf den Senatsbeschl. v. 9.11.2009 – 10 WF 358/09, FamRZ 2011, 590 f. sowie die Kommentierung bei Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG VV 3104 Rn 29 – Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV in Kindschaftssachen bereits nicht für einschlägig.

Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

Gem. Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts, wobei dies nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber gilt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend indes nicht erfüllt.

Tatsächlich hat ein Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin im vorliegenden Verfahren nicht stattgefunden. Die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers kann sich insofern auch nicht erfolgreich auf Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV berufen; zutreffend gehen vielmehr Bezirksrevisor wie AG davon aus, dass diese Regelung im hier vorliegenden Fall nicht einschlägig ist.

Gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsteht eine Terminsgebühr zwar auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegen aber auch diese Voraussetzungen nicht vor.

Zutreffend geht die Beschwerdeführerin zwar davon aus, dass nach § 155 FamFG im vorliegenden Verfahren ein Termin zur Erörterung mit den Beteiligten gesetzlich vorgeschrieben war, weil es sich um ein Verfahren in einer Kindschaftssache handelte, die das Umgangsrecht betraf. Ein derart vorgeschriebener Termin zur mündlichen Erörterung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einem vorgeschriebenen Termin zur mündlichen Verhandlung, auf den Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV allein abstellt. Schon aus der ausdrücklichen Unterscheidung zwischen mündlicher Verhandlung, Erörterung und Beweisaufnahme in der Vorbem. 3 Abs. 3 VV wird deutlich, dass das VV den Begriff mündliche Verhandlung nicht etwa als übergeordneten Begriff im gebührenrechtlichen Sinne für jegliche Gerichtstermine verstehen will, sond...

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