Eine durch und durch praxisorientierte – gute – Entscheidung, die durch Erfassung des klaren Gesetzeswortlauts und Auseinandersetzung mit dem Willen des Gesetzgebers in seiner Gesetzesbegründung ein auf aktueller Grundlage auch dogmatisch richtiges Ergebnis hervorzubringen vermag. Offenkundiges Ziel des Gesetzgebers ist es gewesen, das „neue Recht“ möglichst einheitlich zügig auch auf diejenigen Sachverhalte anzuwenden, die mit Versorgungsausgleichssachen im Zusammenhang stehen. Dass der Gesetzgeber seine Übergangsvorschrift (Art. 111 FGG-ReformG) offenkundig überwiegend den Versorgungsausgleichssachen hat zuteil werden lassen, untermauert dieses Ziel und kolportiert die gerade mit diesen Verfahren im Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten. Sie sind darauf zurückzuführen, dass es eine Vielzahl von temporal zersplitterten Verbundverfahren gibt, die infolge Abtrennung, Aussetzung und auch aus anderen Gründen unterlassener Weiterbetreibung, existieren und die Versorgungsausgleichssache aufgrund bisheriger Gesetzeslage weiterhin Teil eines nicht aufgelösten Verbundes ist. Die Schwierigkeit, diesen Schwebezustand kurzfristig zu beenden, zeigt sich allein an der Problematik der vom BGH[1] nicht als verbindlich angesehenen, auf den 31.12.2001 bezogenen Startgutschriften der VBL für rentenferne Jahrgänge. Die nach der Satzung vorgesehene Regelung, nach der in jedem Jahr der Pflichtversicherung lediglich 2,25 % der Vollrente erworben werden, führt nach dem BGH zu einer sachwidrigen, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten und damit zur Unwirksamkeit der sie betreffenden Übergangs- bzw. Besitzstandsregelung. Die Tarifpartner sind deshalb gehalten, ein neues Tarifrecht auszuhandeln, das den Anforderungen des BGH gerecht wird. Wann dies geschehen wird, ist nicht absehbar mit der Konsequenz, dass ohne die Vorschrift des Art. 111 FGG-ReformG noch über Jahre hinweg „altes Recht“ anzuwenden wäre.

Die Vermeidung und schnelle Vereinheitlichung sind der Grund dafür, dass der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen hat, die abgetrennten und ausgesetzten Versorgungsausgleichsverfahren zur Selbstständigkeit verhilft und das erklärte Ziel – Herauslösung aus dem Verbund – genau für diese Fälle – erreichen kann. Welches Recht, wenn nicht das Neue, sollte denn auf selbstständige und aus dem Verbund herausgelöste Verfahren, die statistisch durch ein abweichendes, das Kalenderjahr 2009 tragendes Aktenzeichen gekennzeichnet sind, angewendet werden?

Dabei hat der Gesetzgeber bereits wegen § 137 Abs. 5 S. 2 FamFG Sorge dafür getragen, dass das frühere Verfahren jedenfalls kostenrechtlich als Teil der selbstständigen Familiensache zu behandeln ist und Gerichtsgebühren insoweit nur einmal erhoben werden können (§ 6 Abs. 2 FamGKG). Die Entscheidung des OLG überzeugt!

[1] NVwZ 2008, 455 = VuR 2008, 101 = VersR 2008, 1625 = ArbuR 2007, 441 = ZMV 2007, 317 = ZFE 2008, 2 = FamRB 2008, 35 = MDR 2008, 208 = FamRZ 2008, 395 = BGHReport 2008, 222 = BB 2008, 508 = NJ 2008, 172 = NJW 2008, 1378.

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