Die Auffassung des Gerichts, für eine Selbstanzeige falle eine Gebühr für jedes Jahr an, ist zwar weit verbreitet,[2] aber unzutreffend. Es ist auch nicht nachzuvollziehen, wie man zu dieser Ansicht gelangen kann.

Dass nur eine einzige Gebühr anfällt, ergibt sich entgegen der Auffassung des LG Stuttgart unmittelbar aus dem Gesetz.[3]

Bei einer Selbstanzeige handelt es sich um eine einzige Anzeige und nicht um mehrere (bis zu zehn) Einzelanzeigen.

 

§ 371 AO Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung

(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.

Die Rede ist von einer einzigen Selbstanzeige, die mindestens zehn Jahre umfassen muss. Es ist nicht die Rede von zehn einzelnen Jahresanzeigen. Eine "Jahresanzeige" könnte auch nie strafbefreiend wirken, da nach § 371 Abs. 1 AO ausdrücklich alle nichtverjährten Zeiträume erklärt werden müssen, mindestens aber zehn Jahre.

Für diese eine Selbstanzeige sieht die StBVV auch nur eine einzige Gebühr vor.

 

§ 30 AO Selbstanzeige

(1) Für die Tätigkeit im Verfahren der Selbstanzeige (§§ 371 und 378 Absatz 3 der Abgabenordnung) einschließlich der Ermittlungen zur Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Angaben erhält der Steuerberater 10/10 bis 30/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle A (Anlage 1).

(2) Der Gegenstandswert bestimmt sich nach der Summe der berichtigten, ergänzten und nachgeholten Angaben, er beträgt jedoch mindestens 8 000 Euro.

Nach § 30 Abs. 2 StBVV bestimmt sich "der" Gegenstandswert (Singular) nach der Summe der berichtigten und ergänzenden Angaben. Die Rede ist nur von einem einzigen Gegenstandswert und nicht von zehn einzelnen Gegenstandswerten für jedes Jahr.

Letztlich folgt dies auch unmittelbar aus dem Gesetz nämlich aus § 12 StBVV, der folgenden Wortlaut hat:

 

§ 12 StBVV Abgeltungsbereich der Gebühren

(1) Die Gebühren entgelten, soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Steuerberaters vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.

(2) Der Steuerberater kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

Danach kann der Steuerberater in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal fordern. Wie also das LG Stuttgart hier auf die Idee kommen kann, dass zehn Gebühren gefordert werden können, ist nicht nachvollziehbar.

Der reuige Steuersünder erteilt auch nicht den Auftrag für zehn Angelegenheiten, also zehn Selbstanzeigen, sondern für eine einzige Selbstanzeige.

Der erhöhte Aufwand, der sich bei einer Selbstanzeige daraus ergibt, dass hier mehrere Jahre aufgearbeitet werden müssen, wird bereits durch den erhöhten Gebührenrahmen berücksichtigt. Die Gebühr für eine Selbstanzeige weist nämlich mit einem Satz von bis zu 30/10 den höchsten Gebührenrahmen aus, den die StBVV kennt.

Abgesehen davon können neben der Gebühr nach § 30 StBVV weitere Gebühren abgerechnet werden, wenn noch zusätzliche Arbeiten eines Jahresabschlusses, einer Überschussrechnung oder eine Steuererklärung zu fertigen sind.[4]

Norbert Schneider

AGS 1/2017, S. 6 - 11

[2] Siehe Meyer/Goez/Schwamberger, StBVV, 8. Aufl., 2016, § 30 Rn 4, der sogar der Auffassung ist, die Gebühr falle für jede Steuerart an.
[3] So auch Eckert, StBVV, 6. Aufl., 2017, § 30 Rn 7; Feiter, Gestaltende Steuerberatung 2014, 98 ff.
[4] Eckert, a.a.O., § 30 Rn 7; Feiter, a.a.O., 98 ff.

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