A. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde ist zwar nach §§ 56 Abs. 2 S. 1,33 Abs. 3 S. 1, 1 Abs. 3 RVG statthaft, aber verfristet. Denn die Beschwerde ist nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 3 RVG beim SG eingelegt worden.

Der Beschluss des SG ist dem Beschwerdeführer laut Empfangsbekenntnis am 28.4.2020 zugestellt worden. Die Beschwerde ist außerhalb der Zwei-Wochen-Frist des §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 3 RVG am 27.5.2020 beim SG eingegangen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Beschwerde nicht deswegen als fristgemäß anzusehen, weil in der Rechtsmittelbelehrung über die Beschwerdefrist falsch belehrt wurde. § 66 Abs. 2 S. 1 SGG, der bestimmt, dass, wenn die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist, die Einlegung des Rechtsbehelfs (noch) innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig ist, ist nicht anzuwenden. Nach § 1 Abs. 3 RVG gehen die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Insoweit ist auch § 33 Abs. 5 RVG vorrangig (LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.3.2019 – L 32 AS 2265/18 B ER PKH).

Nach §, 33 Abs. 5 RVG ist auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und er die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden (S. 1 bis 3). Eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung eröffnet danach keine verlängerte Frist von einem Jahr, sondern begründet lediglich die Vermutung des Fehlens von Verschulden.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht gewährt.

Dahinstehen kann, ob der Beschwerdeführer die Zwei-Wochen-Frist des §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 5 S. 1 RVG für den Wiedereinsetzungsantrag gewahrt hat. Jedenfalls ist kein Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller ist nicht ohne sein Verschulden verhindert gewesen, die Frist einzuhalten.

Ein fehlendes Verschulden scheidet nicht deswegen aus, weil nach § 33 Abs. 5 S. 2 RVG ein solches vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung insbesondere fehlerhaft ist. Voraussetzung dafür ist vielmehr, dass die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung überhaupt für die Fristversäumnis ursächlich geworden ist (vgl. hierzu LSG Thüringen, Beschl. v. 30.7.2019 – L 1 SF 655/17 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.3.2019 – L 32 AS 2265/18 B ER PKH; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 8.8.2017 – L 6 AS 1636/16 B). An einer solchen Ursächlichkeit mangelt es in denjenigen Fällen, in denen der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf; dies ist bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten ebenso wie bei Behörden, die ein gerichtliches Verfahren in einem zugewiesenen Aufgabenkreis führen, regelmäßig der Fall (BGH, Beschl. v. 27.2.2013 – XII ZB 6/13). Zwar dürfen sich ein anwaltlich vertretener Beteiligter und selbst dessen Rechtsanwalt im Grundsatz auf die Richtigkeit einer Belehrung durch das Gericht verlassen. Allerdings muss von einem Rechtsanwalt, zu dessen Pflichten es gehört, seinen Mandanten zutreffend über die formellen Voraussetzungen des gegebenen Rechtsmittels zu belehren, erwartet werden, dass er die Grundzüge des Verfahrensrechts und das Rechtsmittelsystem in der jeweiligen Verfahrensart kennt. Das Vertrauen in die Richtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung kann er deshalb nicht uneingeschränkt, sondern nur in solchen Fällen in Anspruch nehmen, in denen die inhaltlich fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zu einem unvermeidbaren, zumindest aber zu einem nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum des Rechtsanwalts geführt hat. An einem entschuldbaren Rechtsirrtum fehlt es hingegen, wenn die durch das Gericht erteilte Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig falsch gewesen ist und sie deshalb – ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand – nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.3.2019 – L 32 AS 2265/18 B ER PKH m.w.N.)

Vorliegend ist die vom SG erteilte Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig falsch. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung beim Ausgangsgericht einzulegen. Die Einlegung der Beschwerde innerhalb eines Monats beim Ausgangsgericht oder dem LSG wahrt die Frist nicht. Die sich aus der falschen Rechtsmittelbelehrung ergebende Vermutung sieht der Senat als widerlegt an. Denn bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen in...

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