Die sofortige Beschwerde ist gem. § 46 Abs. 1 OWiG, § 464 b S. 3 StPO, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 304, 311 StPO zulässig.

Sie hat in der Sache zum Teil Erfolg.

1. Im Hinblick auf die überwiegend zum Abzug gebrachten Fahrtkosten des auswärtigen Wahlverteidigers ist dies zu Recht erfolgt. Es handelte sich weder vorliegend um eine Spezialmaterie, für die nur vereinzelt Fachanwälte zur Verfügung stehen, noch um eine Anklage zu einer Strafkammer, bei der die Berufung auf das besondere Vertrauensverhältnis das sich aus §§ 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 ZPO ergebende Sparsamkeitsgebot aus Gründen des fairen Verfahrens ausnahmsweise verdrängen vermag (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 464a Rn 12; BGH – I ZB 29/02 [= AGS 2003, 368], LG Dresden – 15 Qs 63/09).

Zurecht weist der Beschwerdeführer aber daraufhin, dass die Kürzung auf 3,00 EUR auch nicht zutreffend ist.

In Verfahren vor Zivil-, Verwaltungs- und Arbeitsgerichten wird das Kriterium der Notwendigkeit i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO (Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren) in Entscheidungen so ausgelegt, dass zumindest die Fahrtkosten bis zur weitestentfernten Gerichtsbezirksgrenze als erforderlich anzusehen und ohne Notwendigkeitsprüfung zuzusprechen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 9.5.2018 – I ZB 62/17 [= AGS 2018, 319]; LG Düsseldorf, Beschl. v. 18.12.2014 – 6 O 455/11 [= AGS 2015, 7]; LAG Köln, Beschl. v. 8.3.2013 – 3 Ta 8/13 [= AGS 2013, 161]; VG Oldenburg, Beschl. v. 12.5.2009 – 11 A 48/08 [= AGS 2009, 467]). Bei der Bestimmung der "notwendigen Auslagen" im Strafprozess, bei einem Wahlverteidiger, gibt es keinen durchschlagenden Grund, eine andere Entscheidung zu treffen und warum nicht auch im Strafverfahren die Fahrtkosten eines auswärtigen Rechtsanwaltes bis zur Gerichtsbezirksgrenze des zuständigen Gerichts als notwendig anzusehen sind (so bereits Kammerbeschluss 2 Qs 151/15). Die hilfsweise geltend gemachten Fahrtkostenosten von 21,00 EUR waren daher als angemessen anzuerkennen.

2. Hinsichtlich des Angriffspunktes, dass die vom Beschwerdeführer berechneten Gebühren zu Unrecht gekürzt worden sind und nur in Höhe der Mittelgebühren festgesetzt worden sind, ist die Beschwerde begründet.

Grds. soll im Rahmen des § 14 RVG die Mittelgebühr als Normalfall und Abrechnungsgrundlage für durchschnittliche Verfahren wie vorliegend gelten. Über- und Unterschreitungen sollen nur bei besonderen, vom üblichen Fall erheblich abweichenden Gründen gerechtfertigt sein. Grds. ist das Gericht an die für einen Normalfall abgerechneten Mittelgebühren gem. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG an die von dem Verteidiger angesetzten Gebühren gebunden. Dass vorliegend nur ein Durchschnittsverfahren vorliegt, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung des Verfahrens.

Gem. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG ist die vom Rechtsanwalt gegenüber einem Dritten – und auch der Staatskasse – getroffene Gebührenbestimmung nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig hoch ist. Dies ist regelmäßig nur der Fall, wenn die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die vom Gericht als angemessen erachtete Mittelgebühr um mehr als 20 % überschreitet (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 14 Rn 12; Mayer/Kroiß, RVG, § 14 Rn 56 f.; Hartmann, KostG, zur RVG in § 14 Rn 24). Hier liegt mit dem Antrag zwar eine Überschreitung, jedoch nur eine Überschreitung der Mittelgebühren in einem Rahmen bis max. 18 % der als angemessen erachteten Rahmengebühren vor.

Insgesamt ist die Gebührenbestimmung des Beschwerdeführers hier deshalb nicht unbillig hoch und als verbindlich anzusehen.

3. Danach sind auf die sofortige Beschwerde über die bisherige Festsetzung hinaus folgende weiteren Kosten festzusetzen:

 
Praxis-Beispiel
 
aus Grundgebühr Nr. 4100 VV: 30,00 EUR
aus Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV: 29,70 EUR
aus Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV: 21,45 EUR
aus Termingebühr (27.11.2018) Nr. 4108 VV: 41,25 EUR
aus Reisekosten für den Rechtsanwalt: (21 abzgl. 3) 18,00 EUR
Zwischensumme: 140,40 EUR
zzgl. 19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 26,67 EUR
Erstattungsbetrag: 167,07 EUR

4. Weitere Absetzungen im Beschluss (Dokumentenpauschale 27,70 statt 26,35 EUR) wurden mit der sofortigen Beschwerde laut deren Begründung nicht konkret angegriffen. Die Kammer hält diese Absetzung ausdrücklich in Übereinstimmung mit der Rechtspflegerin für gerechtfertigt.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 473 Abs. 4 StPO im Verhältnis des Obsiegens zum Beschwerdewert von 360,75 EUR.

AGS 11/2020, S. 544 - 545

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