II. Das Verfahren wird dem Senat gem. § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG übertragen, weil die Sache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweist.

III. 1) Die gem. § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, § 33 Abs. 3 S. 3 RVG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt die Grenze des § 33 Abs. 3 S. 1 RVG.

Soweit der Verteidiger bereits gegen das landgerichtliche Schreiben vom 17.12.2018 Erinnerung eingelegt hat, fehlte es an der Statthaftigkeit der Erinnerung, da ein Rechtsmittel erst nach Erlass der angefochtenen Entscheidung eingelegt werden kann (BGHSt 25, 187, 189). Abzustellen ist auf den Eingang des Rechtsmittels bei Gericht (OLG Jena NStZ-RR 2012, 180). Der Schriftsatz ging am 19.12.2018 ein, der Beschluss datiert vom 4.1.2019.

Die "Zurückweisung" der nachfolgend eingelegten Beschwerde durch das LG vom 4.2.2019 ist als Nichtabhilfeentscheidung i.S.v. § 33 Abs. 4 S. 1, 2. Hs. RVG auszulegen.

2) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Die Gebühr nach Nr. 4141 VV setzt voraus, dass durch die anwaltliche Mitwirkung eine Hauptverhandlung entbehrlich wurde. Mit der Gebühr soll eine intensive und zeitaufwendige Tätigkeit des Verteidigers, die zur Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim Verteidiger zum Verlust der Hauptverhandlungsgebühr führt, gebührenrechtlich honoriert werden (BT-Drucks 15/1971, 227; vgl. OLG Celle, Beschl. v. 22.1.2014 – 1 Ws 19/14 [= AGS 2014, 125]; OLG München, Beschl. v. 16.10.2012 – 4 Ws 179/12 (K) [= AGS 2013, 174]; OLG Oldenburg NStZ-RR 2011, 96; OLG Koblenz, Beschl. v. 15.5.2008 – 1 Ws 229/08; Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., 2018, Nr. 4141–4147 VV, Rn 2; Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., 2017, VV 4141, Rn 1; Bischof/Jungbauer u.a., RVG, 8. Aufl., 2018, Nrn. 4100–4304 VV, Rn 107) Dies gilt auch, wenn – wie hier – eine Revision zurückgenommen wurde (so explizit Abs. 1 Nr. 3 der Norm).

Unter welchen Voraussetzungen die vorgenannte Gebühr bei der Rücknahme einer Revision jedoch entsteht, ist in Rspr. und Lit. umstritten: Eine Auffassung macht das Entstehen der Gebühr nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.9.2005 – 1 Ws 288/05 [= AGS 2006, 124]; LG Hagen, Beschl. v. 23.2.2006 – 51 KLs 400 Js 815/04 (21/05); LG Verden StraFo 2005, 439; Gerold/Schmidt, VV 4141, Rn 39; Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., 2017, Nr. 4141 VV, Rn 37; Schneider/Wolf, RVG, 8. Aufl., 2017, VV 4141, Rn 136 ff., insbes. Rn 137). Bereits der Wortlaut der detaillierten Regelung sei insoweit eindeutig (Schneider/Wolf, VV 4141, Rn 137). Zudem habe nach vorheriger Rechtslage § 84 Abs. 2 BRAGO mangels Verweisung in § 86 BRAGO nicht für das Revisionsverfahren gegolten. Soweit eine analoge Anwendung befürwortet wurde, wurde verlangt, dass ausnahmsweise eine Hauptverhandlung anberaumt worden war (eine entsprechende Anwendung ablehnend: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.1.2004 – 1 Ws 559/03 und OLG Saarbrücken AGS 2004, 154 mit entsprechenden Nachweisen der Gegenmeinung).Weil der Gesetzgeber jedoch in Kenntnis dieses früheren Streits das Entstehen der Verfahrensgebühr nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft habe, sei auch keine weitere ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung zu fordern (vgl. LG Verden StraFo 2005, 439; Gerold/Schmidt, VV 4141, Rn 39; a.A. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.5.2005 – 1 Ws 164/05 [= AGS 2006, 74]). Andernfalls würde der Verteidiger bestraft werden, der dem Gericht Mehrarbeit erspare, indem er etwa erst gar keine Revisionsbegründung einreiche, sondern die Revision nach Prüfung der Sach- und Rechtslage nach Beratung mit dem Mandanten zurücknehme (Schons/Enders, VV Nr. 4141, Rn 37). Zudem müsse das Gericht die Revision auch ohne Hauptverhandlung prüfen und über sie entscheiden. Dieser Mehraufwand werde durch die Rücknahme gerade vermieden (Schneider/Wolf, VV 4141, Rn 138).

Eine weitere Auffassung verlangt für das Entstehen der Gebühr mindestens die Begründung der Revision (OLG Hamm, Beschl. v. 17.8.2006 – 2 Ws 134/06 [= AGS 2006, 600]). Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit im Revisionsverfahren regelmäßig die Begründung der Revision sei (KG, Beschl. v. 28.6.2005 – 5 Ws 311/05 [= AGS 2005, 434]) und dass mit der Begründung wenigstens schon die theoretische Möglichkeit der Anberaumung eines Verhandlungstermins nach § 350 StPO bestehe (OLG Braunschweig, Beschl. v. 16.3.2006 – Ws 25/06 [= AGS 2006, 232]).

Die überwiegende obergerichtliche Rspr. folgert demgegenüber aus dem Normzweck, dass für das Entstehen der Gebühr erforderlich sei, dass Revisionshauptverhandlungstermin anberaumt ist bzw. konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass eine Hauptverhandlung durchgeführt worden wäre, wenn nicht die Revision zurückgenommen worden wäre (OLG Braunschweig, Beschl. v. 8.3.2016 – 1 Ws 49/16 [= AGS 2016, 272]; OLG München, Beschl. v. 16.10.2012 – 4 Ws 179/12 (K) [= AGS 2013, 174]; OLG Oldenburg NStZ-RR 2011, 96 und OLG Hamburg, Beschl. v. 16.6.2008 – 2 Ws 82/08 jeweil...

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