II. Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH liegen nicht vor. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung ist ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZPO).

1. Die Rechtsbeschwerde ist allerdings statthaft, weil das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO). Die Regel, dass für ein PKH-Verfahren grds. keine PKH zu bewilligen ist (BGH, Beschl. v. 29.6.2010 – VI ZA 3/09, NJW 2010, 3101 Rn 3), gilt nicht für eine zugelassene Rechtsbeschwerde in PKH-Verfahren, weil hier eine Vertretung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt erforderlich ist (BGH, Beschl. v. 19.12.2002 – III ZB 33/02, NJW 2003, 1192 [= AGS 2003, 316]; Beschl. v. 25.2.2016 – IX ZB 61/15, NJW 2016, 1520 Rn 12; Beschl. v. 14.7.2016 – IX ZA 9/16, ZIP 2016, 1684 Rn 6). Die Rechtsbeschwerde ist auch i.Ü. zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 575 ZPO).

2. In der Sache hat das LG die Bewilligung von PKH zu Recht auf die Gebühr nach Nr. 1008 VV (sog. Mehrvertretungsgebühr) beschränkt und das Beschwerdegericht folglich zu Recht die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen.

a) Mit diesen Entscheidungen sind die Vorinstanzen der Rspr. des Senats (Beschl. v. 1.3.1993 – II ZR 179/91, NJW 1993, 1715 [= AGS 1995, 25]) gefolgt. Nach dieser Rspr. ist, wenn zwei Streitgenossen ein und denselben Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in einem Rechtsstreit beauftragen, aber nur bei einem von ihnen die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH vorliegen, die Bewilligung bezüglich der Anwaltsgebühren auf die für diesen Fall im Gesetz (jetzt Nr. 1008 VV) vorgesehenen Erhöhungsbeträge zu beschränken.

Der Senat hat die Beschränkung der Bewilligung auf die Erhöhungsbeträge bei Vorhandensein eines finanziell leistungsfähigen Streitgenossen damit begründet, dass nach dem Sinn der §§ 114 ff. ZPO die mittellose Partei für ihre Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung staatliche Hilfe nur in Anspruch nehmen kann, soweit sie aus finanziellen Gründen zur Prozessführung außerstande ist. Der finanziell leistungsfähige Streitgenosse werde hierdurch nicht benachteiligt, weil er nicht mit mehr Kosten belastet wird, als er zu tragen hätte, wenn er den Prozessbevollmächtigten allein beauftragt hätte (BGH, Beschl. v. 1.3.1993 – II ZR 179/91, NJW 1993, 1715 [= AGS 1995, 25]; jetzt § 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 RVG).

b) Diese Senatsrechtspr. ist in der instanzgerichtlichen Rspr. und im Schrifttum auf Zustimmung (OLG Koblenz MDR 2001, 1261, 1262; MDR 2004, 1206 [= AGS 2004, 249]; OLG Naumburg OLGR 2004, 175; Bork, in: Stein/Jonas, 23. Aufl., § 114 Rn 8; Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 114 Rn 7; Saenger/Kießling, ZPO, 7. Aufl., § 114 Rn 11; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl., § 114 Rn 11; MüKo-ZPO/Wache, 5. Aufl., § 114 Rn 39; Wax, LM § 114 ZPO Nr. 37), aber auch auf Ablehnung gestoßen (OLG Bamberg OLGR 2001, 28; Fischer, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 114 Rn 3; Fischer, JurBüro 1998, 4; Notthoff, AnwBl 1996, 611; Rönnebeck, NJW 1994, 2273).

c) Der Senat sieht keinen Anlass, seine Rspr. zu ändern.

aa) PKH bezweckt die weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (BVerfGE 81, 347, 356 f.; NJW 2014, 1291 m.w.N.). Diesem Zweck wird die Beschränkung auf die Erhöhungsbeträge ohne Weiteres gerecht. Der Prozessbevollmächtigte erhält aufgrund seines Anspruchs gegen den finanziell leistungsfähigen Streitgenossen (§ 7 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 RVG) seine ungeschmälerte Vergütung. Die anwaltliche Vertretung des bedürftigen Streitgenossen wird dadurch sichergestellt.

bb) Weitergehende Angleichungszwecke erfüllt die PKH nicht.

(1) Die Beschränkung der Bewilligung auf die Erhöhungsbeträge setzt nicht voraus, dass lediglich diese Beiträge auch vergütungsrechtlich geschuldet sind. Da die Beschränkung – wie gezeigt – prozesskostenhilferechtlich begründet ist, bedarf es eines Gleichlaufs von PKH-Bewilligung und Vergütungsanspruch nicht. Der Schutz des bedürftigen Streitgenossen wird schon dadurch bewirkt, dass der Prozessbevollmächtigte, wie generell hinsichtlich seines Anspruchs auf Zahlung der Wahlanwaltsgebühren, gem. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an der Geltendmachung seines Vergütungsanspruchs nach § 7 Abs. 2 S. 1 RVG gehindert ist, solange die PKH-Bewilligung fortbesteht (BGH, Beschl. v. 1.3.1993 – II ZR 179/91, NJW 1993, 1715, 1716 [= AGS 1995, 25]; OLG Koblenz MDR 2004, 1206; Wax, LM § 114 ZPO Nr. 37; NJW 1994, 2331, 2334; a.A. Notthoff, AnwBl 1996, 611, 613; Rönnebeck, NJW 1994, 2273, 2274).

(2) Soweit die Antragstellerin ferner einwendet, dass die auf beide Streitgenossen entfallende Gebührenlast aufgrund von § 7 RVG bereits mit der Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten verringert werde, beeinflusst dies die weitergehende Entlastung des finanziell leistungsfähigen Streitgenossen nicht, die bei unbeschränkter Bewilligung von PKH einträte. Die...

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