1. a) Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG eingelegt worden.

b) Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antragsteller hat gegen die Staatskasse aus § 45 ff. RVG einen Anspruch auf Erstattung von PKH-Anwaltsvergütung i.H.v. insgesamt 1.459,77 EUR (1.226,70 EUR zzgl. 233,07 EUR Mehrwertsteuer).

Zur Begründung der angefochtenen Entscheidung hat das LG ausgeführt, der beigeordnete Rechtsanwalt könne den Umsatzsteuerbetrag auf seine Vergütung seinem Mandanten gegenüber in Rechnung stellen, welcher den Betrag seinerseits gegenüber dem Finanzamt im Wege des Vorsteuerabzugs erstattet verlangen könne. Das LG schließe sich hinsichtlich der Begründung seiner Auffassung den Erwägungen des OLG Celle in dessen Beschl. v. 4.10.2013 (2 W 217/13 = NJOZ 2014, 954 ff. = JurBüro 2014, 20 [= AGS 2014, 80]) an, welches eine zu den von dem Antragsteller zitierten Entscheidungen des OLG München (JurBüro 2016, 632 [= AGS 2016, 528]) und des OLG Düsseldorf (JurBüro 2016, 580 [= AGS 2016, 485]) gegenteilige Auffassung vertrete.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Antragsteller hat als beigeordneter Prozessbevollmächtigter gegen die Landeskasse einen Anspruch auf die gesetzliche Vergütung gem. §§ 45 ff. RVG. Dieser ist lediglich hinsichtlich der Höhe der Gebührenbeträge nach § 49 RVG begrenzt. Die gesetzliche Vergütung umfasst aber auch die Auslagen und deshalb nach Nr. 7008 VV auch die vom Anwalt abzuführende Umsatzsteuer, soweit die Leistung des Rechtsanwalts – wie vorliegend – umsatzsteuerpflichtig ist.

Der vorliegend geltend gemachte Vergütungsanspruch gem. §§ 45 ff. RVG unterscheidet sich wesentlich von dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch, für welchen eine Vorsteuerberechtigung der vertretenen Partei dem Ansatz der Umsatzsteuer entgegensteht.

Im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO kann die vorsteuerabzugsberechtigte obsiegende Partei vom erstattungspflichtigen Gegner die Erstattung der Umsatzsteuer gem. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht verlangen, weil sie die an ihren Rechtsanwalt gezahlte Umsatzsteuer ihrerseits vom Finanzamt erstattet erhält. Der beigeordnete Rechtsanwalt ist deshalb auch im Rahmen der Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs im eigenen Namen nach § 126 Abs. 1 ZPO darauf verwiesen, die von ihm geschuldete Umsatzsteuer von seinem vorsteuerabzugsberechtigten (armen) Mandanten zu fordern. Denn es ist nicht gerechtfertigt, den unterlegenen Gegner allein deshalb mit höheren Kosten zu belasten, weil die vorsteuerabzugsberechtigte obsiegende Partei bedürftig und prozesskostenhilfeberechtigt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 12.6.2006 – II ZB 21/05, NJW-RR 2007, 284 = DStR 2006, 1761, Rn 6 [= AGS 2007, 628]). Der Inanspruchnahme des prozesskostenhilfeberechtigten (armen) Mandanten steht insoweit auch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen. Diese Norm ist teleologisch zu reduzieren, da ihr Schutzzweck eine Sperrwirkung nicht erfordert, wenn die Umsatzsteuer für die bedürftige Partei nur ein durchlaufender Posten ist, so dass der Betrag letztlich wirtschaftlich nicht von der bedürftigen Partei getragen werden muss (vgl. BGH a.a.O.).

Eine hiermit vergleichbare Konstellation liegt hinsichtlich des vorliegend geltend gemachten Vergütungsanspruchs indes nicht vor.

Mit der Beiordnung wird zwischen dem Hoheitsträger, der die Beiordnung vorgenommen hat, und dem beigeordneten Rechtsanwalt ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis begründet (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.8.2016 – I-10 W 237/16, 10 W 237/16, juris, Rn 4 [= AGS 2016, 485]). Die Landeskasse tritt als Vergütungsschuldner an die Stelle der bedürftigen vertretenen Partei.

Hinsichtlich des gegen die Landeskasse nach §§ 45 ff. RVG bestehenden Vergütungsanspruchs des Anwalts kommt es deshalb richtigerweise nur darauf an, ob dieser gegen seine vorsteuerabzugsberechtigte Partei einen Anspruch auch auf die Umsatzsteuer (aus § 675 BGB i.V.m. den Vorschriften des RVG) hätte (vgl. OLG München, Beschl. v. 11.8.2016 – 11 W 1281/16, NJOZ 2017, 191 ff., Rn 9 [= AGS 2016, 528]). Dies ist indes der Fall.

Die Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers berechtigt diesen im Verhältnis zu seinem Prozessbevollmächtigten nicht etwa dazu, die Umsatzsteuer nicht zu bezahlen; auf Basis der Rechnung des Rechtsanwalts kann eine vorsteuerabzugsberechtigte Partei vom Finanzamt vielmehr (nur) die Erstattung der an den Rechtsanwalt zu zahlenden Umsatzsteuer verlangen (vgl. BGH a.a.O., Rn 9).

Entgegen der Auffassung des OLG Celle (Beschl. v. 4.10.2013, a.a.O.) ist es deshalb durchaus system- und sachgerecht, dass zwar die Landeskasse, nicht aber der unterlegene Gegner im Falle der Vorsteuerabzugsberechtigung der bedürftigen Partei zu einer Erstattung der Umsatzsteuer verpflichtet ist (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O., Rn 3; OLG München a.a.O.; OLG Hamburg, Beschl. v. 19.6.2013 – 4 W 60/13, NJOZ 2013, 1616 f....

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