Die Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg, weil der Verteidiger in den Beschwerdeverfahren, soweit eine einheitliche Entscheidung ergangen ist, jeweils nur in einer Angelegenheit tätig geworden ist.

Auch wenn der Verurteilte hinsichtlich mehrerer verschiedener parallel vollstreckter Freiheitsstrafen beantragt hat, die Strafreste zur Bewährung auszusetzen, ändert dies nichts daran, dass es sich um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG handelt, für die gem. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG die Gebühren nur einmal gefordert werden können. Denn auch mehrere selbstständige gerichtliche Verfahren können Teile derselben Angelegenheit sein. Zwar ist bei verschiedenen gerichtlichen Verfahren in der Regel anzunehmen, dass ein innerer Zusammenhang zwischen den Verfahrensgegenständen nicht besteht, allerdings kann nicht ausnahmslos von der Identität von Verfahren und Angelegenheit in der Weise ausgegangen werden, dass mehrere Verfahren auch zwingend mehrere Angelegenheiten darstellen. Vielmehr ist jeder Einzelfall zu prüfen. So ist bei zwei verschiedenen gerichtlichen Verfahren eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG zu bejahen, wenn es sich im gebührenrechtlichen Sinne um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt. Maßgeblich für die gebührenrechtliche Einordnung ist dementsprechend der Rahmen, innerhalb dessen die anwaltliche Tätigkeit erfolgt, wobei im Allgemeinen der dem Anwalt erteilte Auftrag(sgegenstand) entscheidend ist. Gegenstand ist wiederum das Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich auftragsgemäß die jeweilige Tätigkeit bezieht. Dementsprechend wird dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG angenommen, wenn (nur) ein Auftrag erteilt wurde, ein einheitlicher Rahmen des Tätigwerdens vorliegt und zudem ein innerer Zusammenhang besteht (OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2010 – 2 Ws 780/10, Rn 3, juris, m.w.N. [= AGS 2011, 174]).

So liegen die Dinge hier. Der Verteidiger ist in den Beschwerdeverfahren jeweils durch einheitliche, sämtliche Vollstreckungsverfahren erfassende Schriftsätze tätig geworden, aus denen sich zudem ergibt, dass ihm jeweils nur ein Auftrag erteilt worden ist. Darüber hinaus besteht zwischen den einzelnen Vollstreckungsverfahren ein enger inhaltlicher Zusammenhang, weil § 454b Abs. 3 StPO im Falle der Vollstreckung mehrerer Freiheitsstrafen eine gleichzeitige Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Reste aller Strafen fordert, die aufgrund einer einheitlichen Prognoseentscheidung zu treffen ist (so auch OLG Köln a.a.O., Rn 4). In welchem Maß es bei der Prognoseentscheidung nach § 57 StGB wahrscheinlich sein muss, dass der Täter nicht wieder straffällig wird, hängt von dem Gewicht der bedrohten Rechtsgüter und den Eigenheiten der Persönlichkeit des Verurteilten ab (KG, Beschl. v. 18.5.2006 – 1 AR 468 - 469/06 u.a. Rn 7, juris). Letzteres kann jedoch nur in der Gesamtschau der von ihm verübten Delikte, der gegen ihn verhängten Strafen und des gesamten vollzuglichen Verhaltens beurteilt werden, so dass jedenfalls bei einer Entscheidung nach Maßgabe des § 454b Abs. 3 StPO nur ein Verfahrensgegenstand vorliegt (so OLG Köln a.a.O., Rn 4).

Ist danach in den Beschwerdeverfahren, bezogen auf die jeweilige Entscheidung, nur eine Verfahrensgebühr angefallen, so ist die Zubilligung einer Mittelgebühr unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Verurteilten und der Bedeutung der Sache (§ 14 RVG) nicht unbillig. Ein besonderer, eine Erhöhung der Mittelgebühr rechtfertigender Umfang oder eine diese rechtfertigende Schwierigkeit der Sache i.S.d. § 14 RVG lag nicht vor. Vielmehr lagen diese im Rahmen des auch sonst bei Entscheidungen nach § 57 StGB Üblichen, wobei nach den obigen Ausführungen wegen der Einheitlichkeit der Prognoseentscheidung die Entscheidung über die Aussetzung mehrerer Strafreste keinen nennenswerten und vergütungsrelevanten Mehraufwand begründen kann.

entnommen von www.burhoff.de

AGS 11/2016, S. 511 - 512

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