3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht im Rahmen der Berücksichtigung der Rechtsverfolgungskosten den Anspruch auf Ersatz des vorprozessualen anwaltlichen Zeithonorars abgewiesen, soweit dieses die gesetzlichen Gebühren übersteigt.

a) Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rspr. des BGH hat der Schädiger aber nicht schlechterdings alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urt. v. 23.10.2003 – IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; v. 10.1.2006 – VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065 Rn 5; v. 8.5.2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn 70; v. 23.1.2014 – III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn 48). Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist in einfach gelagerten Fällen nur erforderlich, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregelung verzögert wird (BGH, Urt. v. 8.11.1994 – VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 351 f.; v. 10.1.2006, a.a.O. Rn 8; v. 6.10.2010 – VIII ZR 271/09, NJW 2011, 296; Beschl. v. 31.1.2012 – VIII ZR 277/11, NZM 2012, 607 Rn 8; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl. § 249 Rn 57). Bei Fällen wie dem Vorliegenden, die nicht einfach gelagert sind, ist jedenfalls das Honorar bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig (BGH, Urt. v. 23.1.2014, a.a.O.).

Hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO gehen die Rspr. und die Lit. fast ganz einhellig davon aus, dass als erstattungsfähige "gesetzliche Gebühren und Auslagen" lediglich die Regelsätze des RVG zu erstatten sind und nicht ein aufgrund einer Honorarvereinbarung mit dem Rechtsanwalt diese übersteigendes Honorar (BGH, Beschl. v. 13.11.2014 – VII ZB 46/12, NJW 2015, 633 Rn 18 m.w.N. [= AGS 2015, 152]).

b) Nicht nur für den Bereich der prozessualen Kostenerstattungspflicht, sondern auch hinsichtlich vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten geht § 3a Abs. 1 S. 3 RVG davon aus, dass im Regelfall der gegnerischen Partei nicht mehr als die gesetzlichen Gebühren zu erstatten sind. Anderenfalls hätte der hiernach in einer Gebührenvereinbarung zwingend vorgesehene entsprechende Hinweis an den Mandanten keinen Sinn (vgl. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., § 3a Rn 17). Die Gesetzesbegründung zu § 3a RVG geht insoweit davon aus, dass der Rechtsuchende die von ihm zu zahlende Vergütung, soweit sie die gesetzlichen Gebühren übersteigt, grundsätzlich selbst tragen muss (BT-Drucks 16/8384 S. 10 linke Spalte Abs. 3 zu Art. 2 Nr. 2 Abs. 1 S. 3).

Derjenige, der sich schadensersatzpflichtig gemacht hat, kann aber in besonderen Fällen auch verpflichtet sein, höhere Aufwendungen aus einer Honorarvereinbarung zu erstatten (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2003 – III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3697 f.), wenn der Geschädigte auch diese Aufwendungen wegen der besonderen Lage des Falles für erforderlich und zweckmäßig halten durfte. Dies kann anzunehmen sein, wenn ein zur Vertretung bereiter und geeigneter Rechtsanwalt zu den gesetzlichen Gebühren, etwa wegen der Aufwändigkeit des Rechtsstreits und des geringen Streitwerts, oder wenn ein erforderlicher spezialisierter Anwalt zu den gesetzlichen Gebühren nicht gefunden werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 30.5.2000 – IX ZR 121/99, BGHZ 144, 343, 346 [= AGS 2000, 191]). Davon kann bei einem Streitwert von 2.116.834,94 EUR, von dem das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausgegangen ist, aus dem sich eine Geschäftsgebühr von 11.919,00 EUR zuzüglich einer Erhöhungsgebühr von 2.383,80 EUR nebst Auslagen und Umsatzsteuer errechnet, nicht ohne Weiteres ausgegangen werden, zumal wenn die Pflichtverletzung als solche in einem Vorprozess weitgehend geklärt ist.

Für die Voraussetzung eines gleichwohl weitergehenden, über den Normalfall hinausgehenden Erstattungsanspruchs ist der Anspruchsteller, wie für die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit seiner Aufwendungen allgemein, darlegungs- und beweispflichtig. Entsprechenden übergangenen Vortrag zeigt die Anschlussrevision jedoch nicht auf. Ein Fall der Verletzung der Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB, die vom Beklagten darzulegen und zu beweisen wäre, liegt entgegen der Auffassung der Anschlussrevision nicht vor.

Eines entsprechenden Hinweises durch das Berufungsgericht bedurfte es nicht, nachdem die Kläger schon in der Honorarvereinbarung entsprechend § 3a Abs. 1 S. 3 RVG von ihren Anwälten auf den beschränkten Erstattungsanspruch hingewiesen worden waren. Das wird von der Anschlussrevision auch nicht gerügt.

AGS 11/2015, S. 541 - 542

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