Leitsatz

Maßgeblich für den Streitwert des Stufenantrags sind die Vorstellungen des Antragstellers zur Höhe des Leistungsanspruchs bei Einleitung des Verfahrens; dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller zunächst nicht dazu aufgefordert wird, sich zu diesen Vorstellungen zu äußern und dies erst nach Abschluss des Verfahrens nachholt.

OLG Hamm, Beschl. v. 5.9.2014 – II-6 WF 93/14

1 Sachverhalt

Der Antragsteller hat in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Verfahren die Antragsgegnerin im Wege der Stufenklage auf Zugewinnausgleichszahlung in Anspruch genommen.

Nachdem die Antragsgegnerin die entsprechende Auskunft erteilt hatte, hat der Antragsteller den Auskunftsantrag für erledigt erklärt. Die weiteren Anträge hat er nicht weiter verfolgt. Hiernach hat die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers beantragt, den Verfahrenswert auf 40.000,00 EUR festzusetzen, da sich nach Erteilung der Auskünfte ein Zugewinnausgleichsanspruch des Antragstellers in Höhe von 85.000,00 EUR ergeben habe und bei Anträgen auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung als Streitwert 1/10 bis ½ des mutmaßlichen Zahlungsbetrages angenommen werde.

Das FamG hat den Verfahrenswert auf 3.000,00 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe bei Einleitung des Verfahrens keinerlei Angaben über seine Vorstellungen hinsichtlich der Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs gemacht, so dass der Auffangwert gem. § 42 Abs. 3 FamGKG a.F. maßgebend sei.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

Der Verfahrenswert ist im Streitfall auf 40.000,00 EUR festzusetzen.

Für die Festsetzung des Verfahrenswertes finden die Vorschriften des FamGKG in der am 8.11.2010 geltenden Fassung Anwendung, da hierbei auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit des Verfahrens abzustellen ist, § 68 Abs. 1 S. 1 FamGKG.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist zunächst, – wie auch das FamG zutreffend ausgeführt hat – dass bei einem Stufenantrag, bei der mit dem Antrag auf Rechnungslegung oder auf Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung der Antrag auf Herausgabe desjenigen verbunden ist, was der Antragsgegner aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, gem. § 38 FamGKG für den Verfahrenswert nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend ist. Dieses Additionsverbot beruht auf dem Umstand, dass Rechnungslegung bzw. Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung den Leistungsanspruch nur vorbereiten, das Interesse des Antragsteller an dem ganzen Verfahren aber in der Regel auf den Wert der Leistungen beschränkt ist, die er als Ergebnis der Auskunft beansprucht, so dass für den Verfahrenswert des Stufenantrages letztendlich der Zahlungsanspruch maßgebend ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn 16 Stichwort: Stufenklage).

Dies gilt nach Auffassung des Senats auch in dem Fall, in dem die weiteren Stufen, insbesondere der Zahlungsanspruch, nicht weiter verfolgt werden (so auch OLG Brandenburg AGS 2009, 134; OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 1205; OLG Koblenz OLGR 2008, 490; KG Berlin FamRZ 2007, 69; OLG Celle MDR 2003, 55; OLG Dresden (10. FS) MDR 1998, 64; Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn 16 Stichwort: Stufenklage). Soweit in der Rspr. die Auffassung vertreten wird, der Wert der Stufenklage richte sich allein nach der Auskunftsstufe, wenn es nach Auskunftserteilung nicht mehr zur Bezifferung komme (so OLG Stuttgart OLGR 2009, 267; OLG Dresden (7. ZS) MDR 1997, 691; OLG Frankfurt JurBüro 1987, 878), folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Denn nach § 34 S. 1 FamGKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Einreichung des Antrags maßgebend. Mit Einreichung eines Stufenantrages wird aber auch der unbezifferte Zahlungsantrag anhängig (vgl. BGH NJW 1991, 1893). Auch wenn es nicht mehr zu einer Bezifferung des Leistungsantrages kommt, ist deshalb der Verfahrenswert des Leistungsantrags maßgebend und nach billigem Ermessen gem. § 42 Abs. 1 FamGKG zu bestimmen.

Bei der Ausübung des Ermessens ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an der Rechtsverfolgung, und zwar bezogen auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung (§ 34 FamGKG), entscheidend. Die Bewertung des Zahlungsanspruchs hat sich deshalb an den Vorstellungen des Antragstellers bei Einleitung des Verfahrens zu orientieren. Eine auf nachfolgende Erkenntnisse beruhende Prüfung soll vermieden werden, wenn und soweit es nicht zu einer Bezifferung der Leistungsstufe gekommen ist (OLG Hamm FamRZ 2004, 1664; OLG Brandenburg a.a.O.).

Im Streitfall lässt sich der Antragsschrift nicht entnehmen, welche Vorstellungen der Antragsteller zu dieser Zeit über die Höhe seines gegenüber der Antragsgegnerin zustehenden Zugewinnausgleichsanspruchs hatte. Auch aus den nachfolgenden Schriftsätzen oder dem außerprozessualen Schriftverkehr, auf die im Rahmen der freien Ermessensausübung ebenfalls zurückgegriffen werden kann, lassen sich die ursprünglichen Vorstellungen des Antrag...

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