"Stets findet Überraschung statt, da, wo man’s nicht erwartet hat"[1]

I. Zum Leitsatz

1. Ausgangssituation

Die überwiegenden Auffassungen in Rspr. und Lit. wollten sich gegenüber lästigen isolierten Beschwerden gegen Kostenentscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten verschließen.

In Familienstreitsachen, Ehesachen und in Verbundverfahren ist § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG maßgeblich, weshalb sich die vom BGH nunmehr beantwortete Frage gar nicht erst gestellt hatte. Die Anfechtung von Kostenentscheidungen richtet sich insoweit nämlich nach den Vorschriften der ZPO. Danach wiederum ist eine Kostenentscheidung grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar (§ 99 Abs. 1 ZPO), was damit in Zusammenhang steht, dass sich die Kostenentscheidung an dem Anteil des Obsiegens bzw. Unterliegens und an objektiv erfassbaren materiell-rechtlichen Grundsätzen orientiert und das Verfahrensverhalten der Beteiligten in die Kostenentscheidung nicht einfließen darf (Ausnahme § 243 FamFG für Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG).

Eine Ausnahme für die Anfechtung einer Kostenentscheidung in Familienstreitsachen etc. ist nur für eine solche, aufgrund übereinstimmend erklärter Erledigung der Hauptsache (§ 91a Abs. 1 S. 1 ZPO), bei Anerkenntnis (§ 99 Abs. 1 S. 1 ZPO) oder aufgrund einer Antragsrücknahme (§ 269 Abs. 5 S. 1 ZPO) ergangener geregelt. Insoweit ist allerdings eine Mindestbeschwer in Höhe von mehr als 200,00 EUR erforderlich.

Eine Anfechtung scheidet aber aus, wenn in der Hauptsache ein Rechtsmittel nicht möglich ist (§§ 91a Abs. 2 S. 2, 99 Abs. 2 S. 2, 269 Abs. 5 S. 2 ZPO, § 57 S. 1 FamFG).

Kommt die Anfechtung in Betracht, beträgt die Beschwerdefrist zwei Wochen (§ 567 Abs. 1 S. 2 ZPO) und es besteht Anwaltszwang (§ 114 Abs. 1 FamFG).

In den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit kommt die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung grundsätzlich in Betracht; über die Voraussetzungen bestand Uneinigkeit.

2. Die standfesten richtigen Auffassungen seit Inkrafttreten des FGG-ReformG

Während OLG Düsseldorf (7. Senat), OLG Karlsruhe, OLG Zweibrücken, OLG Köln und eine Vielzahl weiterer Gerichte falsch gelesen und ausgelegt haben und von einer Mindestbeschwer bei isolierter Anfechtung von Kostenentscheidungen in den nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgegangen sind, haben insbesondere zuletzt Düsseldorf (1. Senat),[2] Fölsch[3] und N. Schneider[4] demgegenüber bereits seit Inkrafttreten des FGG-ReformG Gesetzestext und Bestreben des Gesetzgebers richtig zur Kenntnis genommen und sind zutreffend davon ausgegangen, dass in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten eine isolierte Beschwerde gegen Kostenentscheidungen auch ohne eine Mindestbeschwer möglich ist. Die bisherigen gegenteiligen Auslegungen bewegten sich demnach stets contra legem, vermochten aber dennoch ausschlaggebend und prägend für eine falsche herrschende Auffassung zu sein. Gerade deshalb ist die Entscheidung des BGH, die den bisherigen Mindermeinungen folgt, überraschend, aber letztlich richtig und exzellent begründet worden, auch wenn ein kleiner, für den Leitsatz nicht entscheidender Nebensatz Überraschung und Freude über das Ergebnis des BGH geringfügig zu trüben geeignet ist; dazu später!

3. Beispiel

Die Ausgangssituation vermag an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:

 
Praxis-Beispiel

Im Vaterschaftsfeststellungsverfahren sind dem Kindesvater die Kosten des Verfahrens auferlegt worden. Der Kindesvater hat (allein) gegen die Kostenentscheidung, also nicht wegen des Hauptgegenstands "Vaterschaftsfeststellung", Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, dass auch die Kindesmutter zu 1/2 an den Verfahrenskosten beteiligt wird.

Die hälftigen Kosten eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens belaufen sich ausgehend von den Gebührenbeträgen des § 13 RVG in der Fassung des 2. KostRMoG, vom Regelfestwert (2.000,00 EUR gem. § 47 Abs. 1, 1. Alt. FamGKG) und für zwei Verfahrensbevollmächtigte zuzüglich Gerichtsgebühren auf 559,05 EUR, sodass die überwiegende Auffassung diese Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in diesem Fall als unzulässig angesehen hatte.

Begründet wurde dies damit, dass die Anfechtung einer Kostenentscheidung stets eine vermögensrechtliche Angelegenheit darstelle und deshalb § 61 Abs. 1 FamFG zu beachten sei, wonach der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigen müsse. Dieser falschen Rechtsauffassung hat der BGH mit seiner Entscheidung nunmehr entgegengewirkt: Zum einen sei davon auszugehen, dass für die Beantwortung der Frage, ob eine vermögensrechtliche Angelegenheit gegeben sei oder der Verfahrensgegenstand nichtvermögensrechtlich ist, auf den Hauptgegenstand des Verfahrens abzustellen und damit die jeweilige Familiensache als solche zu beurteilen ist. Darüber hinaus formuliere § 61 Abs. 1 FamFG ausdrücklich nur für vermögensrechtliche Gegenstände einen Wert des Beschwerdegenstands und beziffere diesen mit mehr als 600,00 EUR. Damit ist nunmehr eindeu...

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