Der Anwalt verliert – immer?

Für das Spielcasino gilt der Grundsatz: Die Bank gewinnt immer! Was dies für den Spieler und Casinobesucher bedeutet, muss nicht näher ausgeführt werden.

Als Casinobesucher und Spieler gerieren sich eine nicht unerhebliche Anzahl von Rechtsanwälten, die es offensichtlich nach wie vor ablehnen, sich mit dem geltenden Berufsrecht und ihrem eigenen Vergütungsrecht zu beschäftigen.

So gesehen kann man die oben provokativ gestellte Frage mit einem klaren und ohne Mitleid versehenen Ja beantworten.

Das AG München stellt in seiner Entscheidung eigentlich nur etwas fest, was man in jedem gängigen Kommentar nachlesen kann.

§ 49b Abs. 1 S. 1 BRAO enthält ein eindeutiges Gebührenunterschreitungsverbot und lässt nur dort eine Ausnahme zu, wo das RVG eine solche Ausnahme ausdrücklich vorsieht.

Nachzulesen sind diese Ausnahmentatbestände nicht etwa nur in Kommentaren, sondern im Gesetzestext selbst, den ja wohl jeder Rechtsanwalt in seiner Kanzlei vorhält.

Danach kann unter Einhaltung dieser Regelungen im außergerichtlichen Vertretungsbereich die gesetzliche Vergütung durchaus unterschritten werden (vgl. § 4 RVG) und auch im gerichtlichen Vertretungsbereich ist es – unter wesentlich strengeren Voraussetzungen – über ein Erfolgshonorar möglich, auch die gerichtlichen Gebühren zu unterschreiten (vgl. § 4a RVG).

Ansonsten gilt ohne Wenn und Aber für den gerichtlichen Bereich das Gebührenunterschreitungsverbot und ein Verstoß hat nun einmal die Nichtigkeit der Vereinbarung über § 134 BGB zur Folge, was nach Auffassung einiger Gerichte sogar den gesetzlichen Gebührenanspruch gefährdet.[1]

Und so hat die betroffene Anwaltskanzlei fast sogar noch Glück gehabt, dass das AG ihr die gesetzlichen Gebühren belassen hat. Bei einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot geht es eben nicht nur im die Nichteinhaltung von Formvorschriften, was zu einer Beschränkung auf die gesetzliche Vergütung führt (vgl. § 4b RVG), sondern die ganze Vereinbarung ist schlicht und einfach nichtig.

Ganz so abwegig erscheint die oben zitierte Rspr. hinsichtlich des Verlustes auch der gesetzlichen Gebühren eigentlich nicht.

Gleichwohl wird man mit der h.A. wohl auch im Interesse des Mandanten davon ausgehen müssen, dass die Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung nicht die Wirksamkeit des Anwaltsvertrages ergreift, mit der konsequenten Folge, dass der gesetzliche Gebührenanspruch in jedem Fall erhalten bleibt.[2]

Spannend wäre es allerdings gewesen, wenn die hier vereinbarte Abrechnung nach Zeitaufwand auch für den gerichtlichen Bereich im konkreten Fall dazu geführt hätte, dass die gerichtlichen Gebühren unterschritten worden wären.

Fraglich ist dann, ob das AG auch dann aufgrund der klar festgestellten Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung einen Anwalt umgekehrt am niedrigeren – die gesetzliche Vergütung unterschreitenden – Honorar festgehalten hätte oder ob er dann die gesetzliche Vergütung hätte einfordern können?

Eine ältere Entscheidung des BGH spricht hier wohl eher dafür, dass der Rechtsanwalt auch dann als Verlierer vom Platz gegangen wäre.

In der Vergangenheit ist es jedenfalls als Verstoß gegen Treu und Glauben betrachtet worden, wenn der Rechtsanwalt aus den Fehlern einer Vergütungsvereinbarung Vorteile für sich letztendlich herzuleiten versucht.[3]

Dies mag man zweifelsfrei dort begrüßen können, wo der Rechtsanwalt Initiator und Verfasser der fehlerhaften oder auch nichtigen Vergütungsvereinbarung war.

Ob man hieran so uneingeschränkt festhalten muss, wenn das "unmoralische Angebot" vom Mandanten selbst ausgeht, ist sicherlich etwas differenzierter zu beurteilen.

Bei einer solchen Fallkonstellation wird man dem Rechtsanwalt zumindest die gesetzliche Vergütung belassen müssen, gilt doch der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB nicht nur für (oder gegen) Rechtsanwälte, sondern auch für deren Auftraggeber.

Angesichts der breiten Diskussion, die das anwaltliche Vergütungsrecht in der Öffentlichkeit ausgelöst hat (vgl. nur die Diskussion über die Rationalisierungsabkommen der Rechtschutzversicherer) wird kein Mandant ernsthaft behaupten können, ihm sei ein Gebührenunterschreitungsverbot völlig unbekannt.

Im Übrigen dürfte es auch jeglicher Lebenserfahrung widersprechen, dass ein Rechtsanwalt einem entsprechenden Ansinnen des Mandanten nicht zumindest zunächst einmal mit dem Versuch begegnet, auf das geltende Berufsrecht hinzuweisen.

Wer als Mandant dann gleichwohl einen gesetzeswidrigen Zustand durchsetzt, hat es wohl kaum verdient, im Falle des Falles von dem gesetzlichen Gebührenanspruch ebenfalls verschont zu bleiben.

Eine andere Auffassung lässt auch das AG München nicht anklingen. Zwar findet sich dort der Satz, dass der Anwalt die Konsequenzen zu tragen habe, wenn er eine gerade für ihn erkennbar gesetzeswidrige Vereinbarung abschließt. Diese Formulierung zielt im konkreten Fall aber gerade darauf ab, ihm nur die höhere als die gesetzliche Vergütung zu nehmen.

Der umgekehrte Fall ist der, dass die gesetzliche Vergütung nicht erre...

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