II.  Die Vorlage ist in entsprechender Anwendung von § 124 Abs. 2 GWB zulässig.

1.  Nach dieser Vorschrift legt ein OLG, das über eine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung einer Vergabekammer zu befinden hat, die Sache, sofern sie nicht einen Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB oder § 121 GWB zum Gegenstand hat, dem BGH vor. Die Vorlagepflicht gilt, wie der Senat bereits entschieden hat, auch bei sofortigen Beschwerden gegen die in Kostenfestsetzungsverfahren ergangenen Entscheidungen der Vergabekammern (Senatsbeschl. v. 23.9.2008 – X ZB 19/07, VergabeR 2009, 39 = AGS 2008, 553). Eine solche Konstellation liegt hier allerdings nicht vor. Vielmehr hat der Rechtspfleger beim Beschwerdegericht – wie bundesweit in den Fällen, in denen ein Nachprüfungsverfahren in die Beschwerdeinstanz gelangt ist, üblich – in entsprechender Anwendung von § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO die vor der Vergabekammer entstandenen Kosten (mit-)festgesetzt. Gegen diese Entscheidung ist nicht die sofortige Beschwerde statthaft, sondern die Erinnerung (§ 567 ZPO; § 11 Abs. 1 und 2 RPflG).

Die Vorschrift des § 124 Abs. 2 GWB ist auf Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Rechtspflegers beim OLG entsprechend anzuwenden, um eine planwidrige Lücke im Anwendungsbereich von § 124 Abs. 2 GWB zu vermeiden. Der Sinn und Zweck dieser Regelung, eine bundeseinheitliche Rspr. in Vergabesachen zu gewährleisten, schließt, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, vergaberechtsbezogene Gebührenfragen ein (Senat, a.a.O.). Dass davon solche Entscheidungen ausgenommen sein sollen, die ein Vergabesenat aufgrund der Regelung in § 11 Abs. 1 und 2 RPflG im Erinnerungsverfahren trifft, ist nicht anzunehmen.

2.  Die Vorlage ist auch im Übrigen zulässig.

Die Voraussetzungen für eine Divergenzvorlage nach § 124 Abs. 2 GWB sind erfüllt, wenn das vorlegende OLG als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen OLG tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. BGHZ 179, 84 – Rettungsdienstleistungen).

So verhält es sich hier. Das OLG Düsseldorf möchte die sofortige Beschwerde mit der Begründung zurückweisen, die Anrechnungsregel in Vorbem. 3 Abs. 4 VV finde auch Anwendung, wenn es sich bei der anzurechnenden Geschäftsgebühr um eine solche handelt, die im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer verdient worden ist. Dieser Rechtssatz kollidierte mit der vom vorlegenden Gericht angeführten Rspr. des KG und der Oberlandesgerichte München und Celle.

III.  Die nach § 11 Abs. 2 RPflG statthafte Erinnerung ist auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

IV.  In der Sache tritt der Senat der Ansicht des vorlegenden OLG bei.

1.  Für die Beantwortung der Divergenzfrage, deretwegen der Vergabesenat die Sache dem BGH vorgelegt hat, ist zu unterscheiden zwischen dem Problem, ob die Regelung in Vorbem. 3 Abs. 4 VV überhaupt Anwendung findet, wenn es um die Anrechnung der vom Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im erstinstanzlichen Vergaberechtsnachprüfungsverfahren verdienten Gebühr auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Beschwerdeverfahrens geht, und – wenn dies bejaht wird – der Frage, wie die Anrechnungsbestimmung in der Kostenfestsetzung zu handhaben ist.

a)  Die Regelung in Vorbem. 3 Abs. 4 VV ist auf die Gebühr, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer erhält, anzuwenden. Nach dieser Regelung wird, soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach den Nrn. 2300 bis 2303 entsteht, diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Im Verfahren vor der Vergabekammer verdient der Rechtsanwalt in Ermangelung eines konkreten Gebührentatbestands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 Abschnitt 3 VV (Senatsbeschl. v. 23.9.2008 – X ZB 19/07, a.a.O.; allg. Ansicht), namentlich nach den Gebührentatbeständen Nrn. 2300 und 2301 VV.

b)  Das OLG München vertritt die Ansicht, Vorbem. 3 Abs. 4 VV sei schon nicht anzuwenden, weil die Regelung nur Fälle betreffe, in denen ein Verwaltungsverfahren dem erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vorausgegangen sei (VergabeR 2009, 106). Dem kann nicht beigetreten werden. Eine solche Geltungsbeschränkung ist der Regelung nicht zu entnehmen. Der Gebührentatbestand von Nr. 2300 VV betrifft grundsätzlich die gesamte außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts (vgl. Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., Vertrag 2300 Rn 1; Sermond in: Lutje/v. Seltmann, Beck'scher Online-Komm. z. RVG, VV 2300 Rn 1). Die gesetzliche Regelung sieht lediglich eine einschränkende Modifikation des Gebührenrahmens von Nr. 2300 VV vor, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, die nach der Rspr. des Senats auch bei Vertretung im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren anzuwenden ist, die aber nichts daran ändert, dass diese Gebühr dem Geltungsbereich von Vorbem. 3 Abs. 4 VV unterliegt.

c)  E...

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