I. Einleitung

Die Bundesregierung hat am 16.9.2020 den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht vorgelegten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts beschlossen (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 – KostRÄG 2021). Mit dem Inkrafttreten der geplanten Änderungen dürfte bei einem normalen Durchlauf des Gesetzgebungsverfahrens frühestens zum 1.1.2021 zu rechnen sein. Der Referentenentwurf wurde dabei mit dem ebenfalls geplanten und bereits vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) in dem gemeinsamen Regierungsentwurf zusammengeführt.

Weil die Gebühren des RVG zuletzt zum 1.8.2013 durch das 2. KostRMoG erhöht worden sind, hält der Entwurf mit Blick auf die erheblich gestiegenen Kosten für den Kanzleibetrieb und im Interesse einer Teilhabe der Anwaltschaft an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung eine erneute Anhebung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung geboten. Im Gegenzug schlägt der Entwurf auch eine Anpassung der Gerichtsgebühren vor, weil gleichzeitig auch die Sach- und Personalkosten der Justiz gestiegen sind und mit einer Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren sowie der ebenfalls geplanten Anpassung der Vergütungen und Entschädigungen nach dem JVEG[1] zudem höhere Ausgaben des Staates in Rechtssachen verbunden sind.

Zur Anpassung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung schlägt der Entwurf eine Kombination aus strukturellen Verbesserungen im anwaltlichen Vergütungsrecht sowie einer linearen Erhöhung der Gebühren des RVG um zehn Prozent vor, wobei die Gebühren in sozialrechtlichen Angelegenheiten um weitere zehn Prozent angehoben werden sollen. Die Gerichtsgebühren sollen ebenfalls linear um zehn Prozent angehoben werden, wobei auch hier punktuell weitere strukturelle Änderungen in den Justizkostengesetzen vorgesehen sind.

[1] Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG-Änderungsgesetz 2020 – JVEG-ÄndG 2020).

II. Lineare Anhebungen

1. Alle Gebühren

Alle Gebührentypen des RVG (Wert-, Fest- und Betragsrahmengebühren) sollen linear insgesamt um 10 Prozent erhöht werden. Bei den Wertgebühren (§§ 13, 49 RVG) soll die Erhöhung in der untersten Wertstufe bis 500,00 EUR rundungsbedingt lediglich etwa 9 Prozent betragen, was aber durch eine entsprechend stärkere Anhebung in den anderen Wertstufen kompensiert werden soll. Eine leicht unter 10 Prozent liegende Anpassung in der untersten Wertstufe hält der Entwurf deshalb für sachgerecht, weil besonders in den untersten Wertstufen die Rechtsverfolgungskosten bereits heute zum Teil in einem ungünstigen Verhältnis zur Bedeutung der Angelegenheit für die Rechtsuchenden stehen, was dazu führen kann, dass allein aufgrund des Kostenrisikos von der Mandatierung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts abgesehen wird.

 

Beispiel 1

Der Rechtsanwalt bearbeitet ein gerichtliches Mandat mit einem Streitwert von 450,00 EUR, in dem neben einer Verfahrens- eine Terminsgebühr anfällt.

Derzeit betragen die Gebühren:

 
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 58,50 EUR
(Wert: 450,00 EUR)  
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 54,00 EUR
(Wert: 450,00 EUR)  
Gesamt 112,50 EUR

Nach dem KostRÄG 2021 sollen die Gebühren betragen:

 
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 63,70 EUR
(Wert: 450,00 EUR)  
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 58,80 EUR
(Wert: 450,00 EUR)  
Gesamt 122,50 EUR

Die geplante Erhöhung beläuft sich hier auf ca. 8,9 %.

 

Abwandlung

Der Rechtsanwalt bearbeitet ein gerichtliches Mandat mit einem Streitwert von 125.000,00 EUR, in dem neben einer Verfahrens- eine Terminsgebühr anfällt.

Derzeit betragen die Gebühren:

 
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 2.064,40 EUR
(Wert: 125.000,00 EUR)  
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 1.905,60 EUR
(Wert: 125.000,00 EUR)  
Gesamt 3.970,00 EUR

Nach dem KostRÄG 2021 sollen die Gebühren betragen:

 
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 2.273,70 EUR
(Wert: 125.000,00 EUR)  
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 2.098,80 EUR
(Wert: 125.000,00 EUR)  
Gesamt 4.372,50 EUR

Die geplante Erhöhung beläuft sich hier auf ca. 10,1 %.

2. Sonderanpassung in sozialrechtlichen Mandaten

Der Entwurf schlägt weiter eine Sonderanpassung der Rechtsanwaltsgebühren in sozialrechtlichen Mandaten um zusätzliche 10 Prozent zur linearen Gebührenanpassung vor, weil seit dem Inkrafttreten des RVG im Jahr 2004 das Gebührenniveau in sozialrechtlichen Mandaten als zu niedrig kritisiert wird. Die durch das 2. KostRMoG geplante Abhilfe sei jedoch nur teilweise gelungen, sodass die Rechtsanwaltsgebühren in diesem Bereich über die allgemeine lineare Erhöhung hinaus um weitere 10 Prozent angehoben werden sollen.

 

Beispiel 2

Der Rechtsanwalt bearbeitet ein sozialrechtliches gerichtliches Mandat, in dem neben einer Verfahrens- und Terminsgebühr auch eine Einigungsgebühr anfällt.

Derzeit betragen die Mittelgebühren:

 
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV 300,00 EUR
(50,00 EUR bis 550,00 EUR)  
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV 280,00 EUR
(50,00 EUR bis 510,00 EUR)  
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV 300,00 EUR
(in Höhe der Verfahrensgebühr)  
Ges...

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