Bei der Anwendung von § 48 Abs. 6 S. 3 RVG ist derzeit umstritten, ob es auch in den Fällen, in denen es nach der Verbindung zur Bestellung des Pflichtverteidigers kommt, noch der in § 48 Abs. 6 S. 3 RVG geregelten Erstreckungsentscheidung bedarf.[11] Nach der zutreffenden Gegenauffassung bedarf es einer Erstreckungsentscheidung nur, wenn die Verbindung der Verfahren nach der Bestellung des Pflichtverteidigers erfolgt und der Pflichtverteidiger nicht in allen verbundenen Verfahren bestellt war. Bei Bestellung nach Verbindung gilt § 48 Abs. 6 S. 1 RVG mit der Folge, dass die Bestellung nach Verbindung auf alle verbundenen Verfahren zurückwirkt.[12]
Die vorgeschlagene Ergänzung von § 48 Abs. 6 S. 3 RVG folgt der zutreffenden Gegenauffassung und stellt klar, dass im Falle der Verbindung von Verfahren und der Bestellung des Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger nicht in alle Verfahren das Gericht die Wirkungen des § 48 Abs. 6 S. 1 RVG auch auf diejenigen Verfahren erstrecken kann, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.
Beispiel 9
Rechtsanwalt R ist in drei Verfahren zum Pflichtverteidiger bestellt worden. Die drei Verfahren werden mit zwei weiteren Verfahren verbunden, in denen R nicht zum Pflichtverteidiger bestellt war.
Wenn R in diesen zwei Verfahren tätig war, bedarf es insoweit für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse einer Erstreckungsanordnung gem. § 48 Abs. 6 S. 3 RVG.
Abwandlung
Fünf Verfahren, in denen R als Verteidiger tätig war, werden miteinander verbunden. Anschließend wird R zum Pflichtverteidiger.
Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für die Tätigkeit in den fünf Verfahren hängt nicht von einer Erstreckungsanordnung gem. § 48 Abs. 6 S. 3 RVG ab, weil die Bestellung nach der Verbindung gem. § 48 Abs. 6 S. 1 RVG auf alle 5 Verfahren zurückwirkt.
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