Die aufgrund eines Beschwerdewerts von mehr als 200,00 EUR nach § 1 Abs. 3 i.V.m. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthafte und fristgemäße eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat keinen über die bereits erfolgte Vergütungsfestsetzung hinausgehenden Anspruch.

1. Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Zusammensetzung der drei Berufsrichter gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG, nachdem der Berichterstatter das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 3 RVG).

2. Der Rechtsstreit richtet sich nach der vor dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG, BGBl I, 2586) am 1.8.2013 geltenden Rechtslage, weil der Auftrag zur Klageerhebung an den Beschwerdeführer vor dem 1.8.2013 erteilt worden war (§ 60 RVG i.V.m. Art. 50 2. KostRMoG).

3. Nach §§ 3, 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt Rahmengebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und der Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sowie ggf. eines besonderen Haftungsrisikos nach billigem Ermessen, wobei das geringere Gewicht eines Bemessungsmerkmals das überwiegende Gewicht eines anderen Merkmals kompensieren kann. Ausgangspunkt bei der Bemessung einer Rahmengebühr ist grds. die so genannte Mittelgebühr, d.h. die Hälfte von Höchst- zzgl. Mindestgebühr als Mitte des gesetzlichen Gebührenrahmens (vgl. BSG, Urt. v. 1.7.2009 – B 4 AS 21/09 R – SozR 4-1935 § 14 Nr. 2 [= AGS 2010, 233]; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 24.4.2006 – L 4 B 4/05 KR SF; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., 2015, § 14 Rn 18 ff.). Bei von einem Dritten zu ersetzenden Gebühren ist gem. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich und entsprechend zu korrigieren, wenn sie unbillig ist. Dies ist der Fall, wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von circa 20 % zur tatsächlich objektiv angemessenen Gebührenhöhe überschreiten (vgl. BSG, Urt. v. 1.7.2009 – B 4 AS 21/09 R – SozR 4-1935 § 14 Nr. 2, juris Rn 19 [= AGS 2010, 233]).

Unter Berücksichtigung der ausgeführten Kriterien ist die vom Beschwerdeführer erfolgte Gebührenansetzung unbillig und vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu Recht korrigiert worden. Die maßgeblichen Gebührenbemessungskriterien rechtfertigen keine Gesamtvergütungsfestsetzung, die den im Vergütungsfestsetzungsbeschluss festgesetzten Betrag übersteigt.

a) Das SG hat die Verfahrensgebühr zutreffend in Höhe der Mittelgebühr angesetzt.

Das Verfahren war hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit durchschnittlich. Es handelte sich um ein Standardverfahren aus dem Bereich des SGB II. Es ging lediglich um die Frage, ob der Klägerin Mitwirkungshandlungen im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögenssituation eines Dritten, dem das Jobcenter eine Einstandsgemeinschaft mit der Klägerin unterstellte, abverlangt werden durften oder nicht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit durchschnittlich. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf die fristwahrende Klageerhebung, die Fertigung einer zweiseitigen, inhaltlich wenig tiefgehenden Klagebegründung, der Mitteilung auf die Replik des Jobcenters, dass an der eigenen Rechtsauffassung festgehalten werde, der Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift des Herrn U. sowie der Mitteilung, dass dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag zunächst nicht zugestimmt werde. Dieser anwaltliche Tätigkeitsumfang entspricht in jeder Hinsicht dem Durchschnitt und rechtfertigt keine Erhöhung der Verfahrensgebühr. Die für die Klägerin als Empfängerin von Grundsicherungsleistungen überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit wird durch die gleichzeitig unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin kompensiert, sodass ein insgesamt durchschnittliches Klageverfahren vorlag.

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aufgrund der 37-minütigen Wartezeit, die im Vorfeld der mündlichen Verhandlung am 2.5.2016 dem Beschwerdeführer entstanden ist. Wartezeiten sind generell nicht geeignet, die Verfahrensgebühr nach der Nr. 3102 VV zu erhöhen (ebenso Sächsisches LSG, Beschl. v. 8.1.2014 – L 8 AS 585/12 B KO, juris Rn 22; a.A. SG Berlin, Beschl. v. 2.8.2012 – S 180 SF 10908/11 E, juris Rn 12 [= AGS 2012, 470]). Die Wartezeit vor einem Termin ist gebührenrechtlich mit Blick auf die Verfahrensgebühr unbeachtlich, weil Wartezeiten und Vorhaltezeiten, wie sie durch Pausen und Unterbrechungen während der Verhandlung entstehen, typische Begleiterscheinungen des Berufsbildes des Rechtsanwaltes sind. Sie sind eigenständig im Rahmen des Vergütungstatbestands des Tages- und Abwesenheitsgelds nach der Nr. 7005 VV vergütungspflichtig und stel...

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