RVG § 15 Abs. 2, Abs. 5 S. 2; ZPO § 120a Abs. 1 S. 4

Leitsatz

Ein im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt kann für seine Tätigkeit im Verfahren auf Überprüfung, ob sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten geändert haben (§ 120a ZPO), keine gesonderte Vergütung geltend machen, auch wenn die Entscheidung über die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe mehr als zwei Jahre zurückliegt (§ 15 Abs. 2 RVG). Der Auftrag zur Vertretung im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe ist erst erledigt i.S.d. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG, wenn seit der Beendigung des (Haupt-)Verfahrens vier Jahre vergangen sind (§ 120a Abs. 1 S. 4 ZPO).

OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.8.2018 – 10 WF 973/18

1 Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Rechtsanwältin und hat im vorliegenden Scheidungsverfahren den Antragsteller vertreten. Diesem war mit Beschl. v. 6.3.2015 Verfahrenskostenhilfe bewilligt und die Beschwerdeführerin als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet worden.

Mit Endbeschluss v. 21.9.2015 hat das FamG die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.

Mit Verfügung vom 22.11.2017 hat das FamG ein Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren nach § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 120a Abs. 1 S. 1 ZPO eingeleitet, und die Aufforderung nach § 120a Abs. 1 ZPO an die Beschwerdeführerin übersandt. Diese begehrt von der Staatskasse nunmehr die Zahlung einer Gebühr nach Nr. 3335 VV für ihre anwaltliche Tätigkeit im Überprüfungsverfahren, zzgl. der Post- und Telekommunikationspauschale, insgesamt 389,13 EUR.

Die Rechtspflegerin hat den Vergütungsantrag mit Beschl. v. 11.6.2018 zurückgewiesen und die Meinung vertreten, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahrens rechtfertige nicht den Ansatz einer weiteren Gebühr, da es sich bei der Tätigkeit nicht um eine neue Angelegenheit gehandelt habe, § 15 Abs. 2 RVG. Weiterhin hat die Rechtspflegerin ausgeführt, dass das Überprüfungsverfahren noch zum Ausgangsverfahren gehöre, und die Zwei-Jahresfrist des § 15 Abs. 5 RVG frühestens mit Beendigung des Überprüfungsverfahrens beginne.

Gegen diesen Beschluss hat die Verfahrensbevollmächtigte im eigenen Namen Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, bei dem Überprüfungsverfahren handele es sich um eine neue kostenrechtliche Angelegenheit, die mit der früheren Verfahrensgebühr nicht abgegolten sei, da die Zwei-Jahresfrist des § 15 Abs. 5 RVG bereits mit Erlass der verfahrensabschließenden Entscheidung vom 21.9.2015 zu laufen begonnen habe. Da das Überprüfungsverfahren erst am 22.11.2017 eingeleitet worden sei, sei ihre Tätigkeit nach Nr. 3335 VV zu vergüten.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und daher zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Das FamG hat zu Recht die beantragte Vergütungsfestsetzung abgelehnt, weil die Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren bereits durch die im Juni 2015 gezahlte Vergütung abgegolten ist, § 15 Abs. 1 und 2 RVG.

Gem. § 15 Abs. 2 RVG kann ein Rechtsanwalt Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Der Begriff der Angelegenheit ist im RVG selbst nicht ausdrücklich definiert. Allerdings stellen nach § 16 Nr. 2 RVG das Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, dieselbe Angelegenheit dar, wenn der Rechtsanwalt auch im Hauptsacheverfahren mandatiert war. Zum Prozesskostenhilfeverfahren zählt auch das Verfahren auf Abänderung oder Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe (Hartmann, KostG, 42. Aufl., § 16 Rn 4), zumal nach § 16 Nr. 3 RVG auch mehrere Verfahren über die Prozesskostenhilfe in demselben Rechtszug als dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG gelten. Dass das Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren zum selben Rechtszug wie das Ausgangsverfahren gehört, hat der BGH zwischenzeitlich klar entschieden (BGH FamRZ 2011, 463 Rn 19 ff.; FamRZ 2016, 1259 Rn 6 ff.). Mit der Vergütung des Rechtsanwaltes für seine Tätigkeit im Hauptsacheverfahren ist daher auch seine Tätigkeit im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe und des Überprüfungsverfahrens nach § 120a ZPO abgegolten, § 15 Abs. 2 RVG.

Ein weiterer Gebührenanspruch ergibt sich vorliegend auch nicht aus der Regelung des § 15 Abs. 5 RVG. Nach S. 1 dieser Vorschrift erhält ein Rechtsanwalt, der beauftragt wird, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, nachdem er in der Angelegenheit bereits tätig geworden war, dann nicht mehr Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Nach § 15 Abs. 5 S. 2 RVG gilt aber die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist.

Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift sind jedoch vorliegend nicht erfüllt:

Einerseits fehlt es bereits an einer neuen, beziehungsweise erweiternden Auftragserteilung durch den Antragsteller, da die Tätigkeit im Überprüfungsverfahren noch zum Ausgangsverfahren gehört (siehe oben). Selbs...

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