Die zulässige Erinnerung ist begründet.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen, wie hier, das GKG nicht anzuwenden ist, entstehen Beitragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 S. 1 RVG). Wird die Erstattung einer Rahmengebühr verlangt, so ist die vom Anwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmte Gebühr die gesetzliche Gebühr. Das Gericht hat aber zu prüfen, ob die Bestimmung unbillig und deshalb nicht verbindlich ist, § 14 Abs. 1 S. 4 RVG.

Die vom Erinnerungsführer nunmehr im Erinnerungsverfahren angesetzte Terminsgebühr ist nicht unbillig.

Bei der Bemessung der Terminsgebühr bestimmt der Rechtsanwalt innerhalb des einschlägigen Gebührenrahmens von 50,00 EUR bis 510,00 EUR die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 S. 1 RVG).

Für den Umfang der Sache ist vorrangig auf die Dauer des Termins abzustellen. Das Sächsische LSG stellt in ständiger Rspr. auf eine durchschnittliche Terminsdauer von 30 bis 45 Minuten ab (Sächsisches LSG, Beschl. v. 19.6.2013 – L 8 AS 45/12 B KO, Rn 21 [= AGS 2013, 395]).

Allerdings wirken sich Wartezeiten eines Rechtsanwalts vor einem Termin zur mündlichen Verhandlung, die die in der Ladung mitgeteilte Uhrzeit um mehr als 15 Minuten überschreiten und die allein der Sphäre des Gerichts zuzurechnen sind, bei der Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit aus (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschl. v. 22.11.2016 – L 5 SF 91/15 B E, Rn 17 [= AGS 2017, 109]). Die Kammer schließt sich insofern der überzeugenden Argumentation des LSG Schleswig-Holsteinisches an, das in der zitierten Entscheidung u.a. ausführt:

 
Hinweis

"Liegt eine dem Rechtsanwalt nicht zurechenbare und maßgebliche Verzögerung des Verhandlungsbeginns vor, darf diese bei der Taxierung der Gebührenhöhe aber jedenfalls dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn sich eine mündliche Verhandlung, ein Erörterungs- oder ein Beweisaufnahmetermin anschließt. Zwar handelt es sich bei der Wartezeit – auch ab der in der Ladung mitgeteilten Uhrzeit – noch nicht um einen Termin i.S.d. Gebührentatbestands, es besteht jedoch ein enger zeitlicher, örtlicher und verfahrenstechnischer Zusammenhang mit der Verhandlung, der es nicht opportun erscheinen lässt, die zeitliche Inanspruchnahme des Rechtsanwalts bei der Vergütung gänzlich unberücksichtigt zu lassen (Bayerisches LSG, Beschl. v. 1.4.2015 – L 15 SF 259/14 E; SG Kassel, Beschl. v. 26.6.2014 – S 10 SF 50/14 E [= AGS 2014, 395]; a.A. Sächsisches LSG, Beschl. v. 8.1.2014 – L 8 AS 585/12 B KO, alle veröffentlicht in juris). Da die Wartezeit durch die Ladung veranlasst ist und in engem Zusammenhang mit dem Termin steht, für den die Terminsgebühr zu bestimmen ist, ist es auch am ehesten gerechtfertigt, diese der Terminsgebühr zuzuordnen. Soweit unter Hinweis auf die Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) im Beschl. v. 11.2.2010 – 9 KSt 3/10, juris vertreten wird, dass Wartezeiten nicht berücksichtigungsfähig seien, weil die Terminsgebühr mit dem Aufruf der Sache entstehe, soweit der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt vertretungsbereit anwesend sei (Sächsisches LSG a.a.O.), vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die insoweit in Bezug genommenen Ausführungen des BVerwG besagen lediglich, dass die Terminsgebühr mit dem Aufruf der Sache entstehe. Für die Bestimmung der Gebührenhöhe gibt diese Entscheidung indessen nichts her, weil in der Fallkonstellation, die der Entscheidung des BVerwG zugrunde lag, eine Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV a.F., mithin einer Wertgebühr und nicht wie vorliegend einer Rahmengebühr im Streit war. Für die Frage, ob Wartezeiten gebührenrelevant berücksichtigungsfähig sind, enthält die Entscheidung des BVerwG, das sich mit dem Problem befasst hat, ob die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV a.F. für die Vertretung in einem Verhandlungstermin, in dem mehrere Streitsachen nach Aufruf zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden sind, für die verbundenen Verfahren nur einmal nach der Summe der Einzelstreitwerte oder in jedem Verfahren gesondert nach dem jeweiligen Einzelstreitwert entsteht, keine Aussage. Insbesondere spielt bei der Bestimmung von Wertgebühren die Termindauer keine Rolle."

Auch dem Wortlaut der Vorbem. 3 Abs. 3 VV, nach dem die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin entsteht, kann nicht entnommen werden, dass Wartezeiten vor dem Termin bei der Bemessung der Höhe der Terminsgebühr nicht berücksichtigt werden dürfen, wenn ein entsprechender Gerichtstermin tatsächlich stattgefunden hat. Berücksichtigt werden bei der Ermittlung des Umfangs i.S.v. § 14 RVG grundsätzlich alle Tätigkeiten, für die der Rechtsanwalt Zeit aufwenden muss. Dies trifft ohne Weiteres auch auf das Warten auf den Beginn der Verhandlung zu, zumal sich ein Rechtsanwalt bei einer derartigen Verzögerung ...

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