Das System des RVG ist eigentlich ganz einfach, wenn man das Gesetz liest und es anwendet.

Das Vergütungsverzeichnis des RVG unterscheidet zwischen außergerichtlichen Tätigkeiten, die in Teil 2 VV geregelt sind, und gerichtlichen Tätigkeiten, die in Teil 3 VV geregelt sind. Demzufolge beginnen die Gebühren aus Teil 2 VV auch mit einer Ziffer 2 am Anfang und die Gebühren aus Teil 3 VV mit einer Ziffer 3. Bereits aus der ersten Ziffer ist also schon zu erkennen, ob eine Gebühr für eine außergerichtliche Tätigkeit oder für eine gerichtliche Tätigkeit abgerechnet wird.

Des Weiteren dürfte zum anwaltlichen Grundwissen gehören, dass man nicht zugleich außergerichtlich und gerichtlich tätig sein kann. Entweder hat der Anwalt den Auftrag zu einer außergerichtlichen Vertretung, also außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, oder er ist mit einem gerichtlichen Verfahren beauftragt –unabhängig davon, ob es bereits eingeleitet worden ist.

Aus dieser Systematik folgt dann zwangsläufig, dass eine Terminsgebühr, die in Teil 3 VV geregelt ist (Vorbem. 3 Abs. 3 VV), und deren Gebührennummer immer mit einer Ziffer 3 beginnt, nur bei gerichtlichen Tätigkeiten anfallen kann, nicht dagegen auch bei einer außergerichtlichen Vertretung.

Die Praxis zeigt, dass bereits diese einfachen Zusammenhänge vielen Kollegen nicht bekannt sind oder – was noch schlimmer wäre – bewusst ignoriert werden. Regelmäßig ist zu sehen, dass neben einer Geschäftsgebühr eine Terminsgebühr abgerechnet wird, was unzulässig ist und dem Anwalt nicht selten den Vorwurf einer Gebührenüberhebung und ein Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer einbringt.

Bis zum 31.7.2013 konnte sich die Anwaltschaft noch auf die Fehlentscheidung des BGH (AGS 2010, 483; Bestätigung von OLG Koblenz AGS 2010, 66) berufen, der es für möglich hielt, dass neben einer Geschäftsgebühr eine Terminsgebühr anfallen konnte. Damit konnte ein falsch abrechnender Anwalt zumindest bei der Schuld argumentieren, dass er nicht klüger sein müsse als der BGH. Seit dem 1.8.2013 dürfte aber auch dies nicht mehr möglich sein. Mit dem 2. KostRMoG hat der Gesetzgeber nämlich in Ansehung der oben zitierten Fehlentscheidung des BGH ausdrücklich klargestellt, dass die Gebühren nach Teil 3 VV – und dazu gehört insbesondere die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV – nur anfallen können, wenn dem Anwalt bereits der unbedingte Auftrag für ein gerichtliches Verfahren erteilt worden ist.

Wer also weiterhin eine Terminsgebühr neben einer Geschäftsgebühr abrechnet, muss künftig damit rechnen, nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv den Tatbestand einer Gebührenüberhebung zu begehen.

Argumentiert wird immer mit dem Wortlaut, dass die Terminsgebühr ja auch entstehe für eine Besprechung zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens, was begrifflich nur möglich sei, solange das gerichtliche Verfahren noch nicht eingeleitet worden ist. Dies ist zwar richtig, geht aber an der Sache vorbei. Die Terminsgebühr kann zwar entstehen, bevor ein gerichtliches Verfahren eingeleitet worden ist, da sie keine Rechtshängigkeit oder Anhängigkeit voraussetzt (BGH AGS 2007, 166); Voraussetzung ist aber der bereits unbedingt erteilte Auftrag für ein gerichtliches Verfahren, und daran fehlt es bei dem bloßen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung.

Abgesehen davon besteht auch gar keine Notwendigkeit, eine Terminsgebühr abzurechnen.

Kommt es im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung zu Besprechungen, kann dies im Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG bei der Bemessung des Gebührensatzes der Geschäftsgebühr berücksichtigt werden. Gerade der Wegfall der früheren Besprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO war ja ein Argument, den Gebührenrahmen der Geschäftsgebühr auf bis zu 2,5 anzuheben. Dann müssen aber insbesondere auch Besprechungen zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens entsprechend im Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG bei den Kriterien von Umfang und Schwierigkeit ihre Berücksichtigung finden.

Autor: Norbert Schneider

Norbert Schneider

AGS 10/2015, S. II

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