FamGKG § 51 Abs. 3 S. 1

Leitsatz

  1. In Verfahren über die Berechtigung zum Kindergeldbezug ist der Verfahrenswert des § 51 Abs. 3 S. 1 FamGKG pro Kind anzusetzen.
  2. Der Kindergeldbezug dient nicht dem Ausgleich kindbezogener Leistungen der Eltern; ein etwaiger Streit hierüber ist daher im Unterhaltsverfahren zu klären. Für die Bezugsberechtigung ist maßgebend, welcher Elternteil eher die Gewähr bietet, dass das Kindergeld unmittelbar zum Wohl des Kindes verwendet wird. Im Zweifelsfall kann auch darauf abgestellt werden, an wen das Kindergeld ursprünglich ausgezahlt worden ist und ob Anlass zu einer Änderung dieser Bezugsberechtigung besteht.

OLG Dresden, Beschl. v. 30.12.2013 – 20 WF 1043/13

1 Sachverhalt

Die Beteiligten sind die getrennt lebenden Eltern dreier Kinder (Zwillinge A u. J sowie des weiteren Kindes C), die sie im 14-tägigen Wechselmodell betreuen. Zunächst war das Kindergeld für alle drei Kinder an die Antragstellerin ausgezahlt worden. Nachdem der Antragsgegner einen Antrag auf Auszahlung des Kindergeldes an sich gestellt hat, wurden die Kindergeldzahlungen bis zu einer Klärung der Kindergeldbezugsberechtigung durch das FamG eingestellt. Erstinstanzlich haben daraufhin beide Eltern beantragt, jeweils sie selbst als Kindergeldbezugsberechtigten für die Zwillinge A und J zu bestimmen. Die Kindergeldbezugsberechtigung für das Kind C sollte nach Vorstellung der Parteien dem jeweils anderen Elternteil zuerkannt werden.

Das FamG hat den Antragsgegner zum Kindergeldbezugsberechtigten für alle drei Kinder bestimmt und ihn verpflichtet, den hälftigen Betrag des Kindergeldes auf das näher bezeichnete Konto der Antragstellerin zu überweisen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Das FamG hat die Beschwerde für zulässig erachtet.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere der Beschwerdewert von mehr als 600,00 EUR (§ 61 Abs. 1 FamFG) ist erreicht. Da die Eltern über die Kindergeldbezugsberechtigung für drei Kinder streiten, ist gem. § 51 Abs. 3 S. 1 FamGKG (in der bis zum 1.8.2013 gültigen Fassung) von einer Beschwer von 300,00 EUR pro streitiger Kindergeldbezugsberechtigung, mithin von einer Beschwer von insgesamt 900,00 EUR auszugehen.

3 Anmerkung

In Unterhaltssachen, die nicht Familienstreitsachen sind, beträgt der Wert des Verfahrens seit dem 1.8.2013 auf der Grundlage des 2. KostRMoG 500,00 EUR; zuvor entsprach er einem Wert in Höhe von 300,00 EUR. Ist der Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren Wert festsetzen. Unterhaltssachen im Sinne von § 231 Abs. 2 FamFG sind Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Unterhaltssachen, die nicht Familienstreitsachen sind, sind danach Verfahren

  einerseits nach § 3 Abs. 2 S. 3 des Bundeskindergeldgesetzes,
  andererseits nach § 64 Abs. 2 S. 3 des Einkommensteuergesetzes.

Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 S. 3 BKKG und des § 64 Abs. 2 S. 3 EstG ist identisch: "Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten. Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten."

Wird die Bezugsberechtigung für mehrere Kinder geltend gemacht, liegen mehrere Verfahrensgegenstände vor. Eine §§ 44 Abs. 2 Hs. 2 u. 45 Abs. 2 FamGKG vergleichbare Regelung, die einen Verfahrensgegenstand fingiert, wenn mehrere Kinder betroffen sind, regelt § 51 Abs. 3 FamGKG nicht. Der Regelwert ist dann entsprechend je Kind anzusetzen; die einzelnen Werte sind gem. § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu addieren. Ist der Regelwert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht gemäß § 51 Abs. 3 S. 2 FamGKG einen höheren Wert festsetzen. Umstände, die den Wert des § 51 Abs. 3 S. 1 FamGKG in Höhe von 500,00 Euro als unbillig gering erscheinen lassen und zu einer höheren Wertfestsetzung führen können, sind nach dem Wortlaut alle Umstände des Einzelfalls (§ 51 Abs. 3 S. 2 FamGKG), also wenn

  das Verfahren besonders streitig geführt wird,
  in das Verfahren ist eine Vielzahl von Beteiligten involviert sind,
  das Verfahren rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten aufweist,
  die Durchführung einer Beweisaufnahme erforderlich ist,
  der Erhalt des Kindergelds für den Antragsteller aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse eine große Bedeutung hat.

Abzugrenzen vom Verfahrenswert ist der Wert der Beschwer. Verfahren, die auf die Bestimmung des Kindergeldbezugsberechtigten gerichtet sind, dürften vermögensrechtliche Angelegenheiten sein, wenngleich auch die gegenteilige Auffassung deshalb vertretbar erscheint, weil es nicht in erster Linie um Geld oder Geldeswert, sondern um die Bezugsberechtigung geht, die der Antragsteller nicht notwendig an sich selbst begehren muss. Dies bringt auch der geringe Verfahrenswert zum Ausdruck. Die überwiegenden Auffassungen in der Rechtsprechung, insbesondere auch der BGH, postulieren aber insoweit eine nichtvermögensrechtliche A...

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