Die zulässige Beschwerde ist begründet. Auf den Antrag der Beteiligten zu 1) ist eine Vergütung von weiteren 586,07 EUR festzusetzen.

1. Das AG weist zutreffend darauf hin, dass es sich bei dem Versorgungsausgleich um eine selbstständige Familiensache i.S.d. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG handelt (vgl. BGH FamRZ 2011, 636 [= AGS 2011, 167]). Dies hat zur Folge, dass erneut Verfahrenskostenhilfe beantragt werden muss und auch gem. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG erneut Rechtsanwaltsgebühren entstehen (BGH FamRZ 2011, 636 [= AGS 2011, 167]; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2012 – 6 WF 55/12 [= AG kompakt 2012, 75]). Allerdings muss sich der Rechtsanwalt nach § RVG § 15 Abs. 2 S. 1 RVG solche Gebühren anrechnen lassen, die er bereits im Scheidungsverbund aus dem Wert des Versorgungsausgleichs verdient und abgerechnet hat. Denn nach § RVG § 21 Abs. 3 RVG handelt es sich bei der abgetrennten und der nunmehr selbstständigen Folgesache um eine Angelegenheit (BGH FamRZ 2011, 636 [= AGS 2011, 167]; OLG Celle FamRZ 2011, 240 [= AGS 2010, 533]).

Dabei ist zu beachten, dass nur solche Gebühren angerechnet werden, die im früheren Scheidungsverbund auf den Versorgungsausgleich entfallen waren (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.5.2012 – 6 WF 55/12). Dies hat das AG im vorliegenden Verfahren übersehen, da es die gesamten Gebühren aus dem Scheidungsverbund in Abzug gebracht hat.

2. Welche Gebühren anzurechnen sind, ist im Wege einer Vergleichsberechnung zu ermitteln. Es ist zu berechnen, welche Gebühren im Scheidungsverfahren ohne den Versorgungsausgleich angefallen wären. Diese Vergleichsrechnung ist der bereits erfolgten Abrechnung gegenüberzustellen. Die so ermittelte Differenz ist von den Gebühren des wiederaufgenommenen Versorgungsausgleichsverfahrens in Abzug zu bringen.

 
Praxis-Beispiel

I. Gebühren für das Ehescheidungsverfahren ohne Versorgungsausgleich

 
Gegenstandswert Vergütung
1,3 Verfahrensgebühr gem. § 49 RVG i.V.m. Nr. 3100 VV 9.600,00 EUR 314,60 EUR
1,2 Terminsgebühr gem. § 49 RVG i.V.m. Nr. 3104 VV 9.600,00 EUR 290,40 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV   20,00 EUR
Nettobetrag   625,00 EUR
Umsatzsteuer   118,75 EUR
Summe der Gebühren 743,75 EUR

II. Bereits im Scheidungsverfahren abgerechnete Gebühren

 
Gegenstandswert Vergütung
1,3-Verfahrensgebühr gem. § 49 RVG i.V.m. Nr. 3100 VV 11.600,00 EUR 319,80 EUR
1,2-Terminsgebühr gem. § 49 RVG i.V.m. Nr. 3104 VV 11.600,00 EUR 295,20 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV   20,00 EUR
Nettobetrag   635,00 EUR
Umsatzsteuer   120,65 EUR
Summe der Gebühren 755,65 EUR

Damit beträgt die Differenz zwischen dem hypothetischen Ehescheidungsverfahren ohne Versorgungsausgleich und den bereits abgerechneten Gebühren 11,90 EUR (755,65 EUR abzüglich 743,75 EUR).

 
Praxis-Beispiel

III. Berechnung der Vergütung unter Anrechnung der Differenz

 
  Gegenstandswert Vergütung
1,3-Verfahrensgebühr gem. § 49 RVG i.V.m. Nr. 3100 VV 3.840,00 EUR 265,20 EUR
1,2-Terminsgebühr gem. § 49 RVG i.V.m. Nr. 3104 VV 3.840,00 EUR 244,80 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV   20,00 EUR
Nettobetrag   530,00 EUR
Umsatzsteuer   100,70 EUR
Summe   630,70 EUR
abzüglich bereits gezahlter   -32,73 EUR
abzüglich der auf den Versorgungsausgleich entfallenden Gebühren im Verbundverfahren   -11,90 EUR
586,07 EUR

Damit kann die Beteiligte zu 1) einen Betrag von weiteren 586,07 EUR beanspruchen.

AGS, S. 387 - 389

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