Zu Leitsatz 1)

Ein Räumungsvergleich hat grundsätzlich auch dann keinen Mehrwert, wenn sich der Vermieter verpflichtet, eine "Umzugsbeihilfe" oder eine vergleichbare Abfindung zu zahlen. Der Wert einer Umzugskostenbeihilfe oder Abfindung, die vergleichsweise vereinbart wird, erhöht den Wert nicht, wenn sie lediglich gewährt wird, um die Auszugsbereitschaft des Mieters zu erhöhen.[1]

Wird die Umzugsbeihilfe oder die Abfindung dagegen als Gegenleistung zur Abgeltung anderer nicht anhängiger Ansprüche gewährt, dann wirkt sich dieses werterhöhend aus. Maßgebend ist dann der Wert des Anspruchs, der durch die Umzugsbeihilfe abgegolten werden soll

  als Gegenleistung für teilweisen Verzicht auf Räumungsfrist,[2]
  zur Abgeltung eventueller Schadensersatzansprüche wegen Verschlechterung der Mietsache,[3]
  zur Abgeltung eventueller Schadensersatzansprüche wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung.[4]

Zu Leitsatz 2)

Auch insoweit ist die Entscheidung zutreffend. Werden vorgerichtliche Kosten isoliert im Wege der Widerklage geltend gemacht,[5] handelt es sich dabei immerhin um eine Hauptforderung, die zu bewerten ist.[6] Die Werte von Klage und Widerklage werden in diesem Fall auch addiert (§ 45 Abs. 1 GKG). Es liegt keinesfalls derselbe Streitgegenstand zugrunde. Auch wenn sich die Ansprüche gegebenenfalls wechselseitig ausschließen, fehlt es jedoch an der wirtschaftlichen Identität.

 
Praxis-Beispiel

Der Anwalt hatte vorgerichtlich versucht, für den Mieter die Kündigung eines Mietverhältnisses (monatliche Kaltmiete 500,00 EUR) abzuwehren. Der Vermieter erhebt anschließend Klage auf Räumung. Der Anwalt bestellt sich daraufhin für den Mieter und beantragt Klageabweisung. Gleichzeitig erhebt er Widerklage auf die durch die Abwehr der Kündigung entstandenen Kosten, die er wie folgt berechnet:

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV    
  (Wert: 8.400,00 EUR)   673,50 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 693,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   31,77 EUR
Gesamt 825,27 EUR

Der Streitwert der Klageforderung beläuft sich auf 6.000,00 EUR, der Wert der Widerklage auf 825,17 EUR. Die Werte werden nach § 45 Abs. 1 GKG zusammengerechnet.

Norbert Schneider

[1] OLG Karlsruhe WuM 2008, 617 = OLGR 2008, 856 = AGS 2008, 569 = JurBüro 2008, 651 = NJW-RR 2009, 444 = NZM 2009, 296 = MietRB 2009, 11; OLG Düsseldorf WuM 2009, 543 = GE 2009, 1188 = OLGR 2009, 645 = AGS 2009, 496 = ZMR 2010, 177 = MietRB 2009, 292 = DWW 2010, 38; Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar, 13. Aufl. 2011, Rn 3836 m.w.N.
[2] AG Köln AGS 2003, 35 = NZM 2003, 106 = NJW-RR 2003, 233.
[3] LG Stuttgart JurBüro 2009, 86.
[4] LG Köln BRAGOreport 2001, 108.
[5] Siehe hierzu Stöber AGS 2006, 261 ff.
[6] LG Aachen AGS 2007, 539; Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar, 13. Aufl. 2011, Rn 5980.

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