GKG-KostVerz. Nr. 2110

Leitsatz

Geht die Erstausfertigung auf dem Postweg vom Gericht zum Gläubiger bzw. zu dessen Bevollmächtigten verloren, ist die zu erteilende weitere Ausfertigung des Titels gebührenpflichtig.

LG Bonn, Beschl. v. 27.1.2010–6 T 1/10

Sachverhalt

Nach Aktenlage war an den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers eine vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides mit Zustellungsvermerk versandt worden.

Mit der Begründung, diese Ausfertigung habe ihre Verfahrensbevollmächtigte nicht erhalten, begehrt der Antragsteller die Erteilung einer Erstausfertigung des Vollstreckungsbescheides, wobei er ausdrücklich klargestellt hat, dass keine zweite/weitere Ausfertigung, sondern eine – gebührenfreie – Erstausfertigung beantragt werde.

Den Antrag auf Erteilung einer Erstausfertigung hat das AG, nachdem auch die für eine weitere Ausfertigung eingeforderte Gebühr nicht bezahlt worden ist, mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer geltend macht, es sei egal, ob die zu erteilende Ausfertigung als Erst- oder Zweitausfertigung bezeichnet werde, jedenfalls habe sie gebührenfrei zu sein, da das Risiko der nicht erfolgreichen Versendung der Erstausfertigung zu Lasten des Versenders gehe.

Aus den Gründen

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil verfristet. ... (wird ausgeführt). Davon abgesehen ist die sofortige Beschwerde aber auch im Ergebnis unbegründet.

Da nach dem Akteninhalt eine Erstausfertigung des Vollstreckungsbescheides erteilt worden ist, die allerdings auf dem Postweg verloren gegangen sein mag, kann eine erneute Erstausfertigung nicht erteilt werden.

Das Verfahren über die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung nach § 733 ZPO ist gebührenpflichtig (s. Nr. 2110 GKG-KostVerz.). Eine Ausnahme von der Gebührenpflicht für den Fall, dass den Verfahrensbevollmächtigten eines Gläubigers die an ihn auf dem Postweg versandte Erstausfertigung gar nicht erst erreicht, sieht das GKG nicht vor.

Konsequenz daraus ist dann allerdings, dass ein Gläubiger, der die Erforderlichkeit der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung nicht zu vertreten hat – weil er nicht dafür einzustehen hat, dass die Erstausfertigung auf dem Postweg zwischen Gericht und Anwalt verloren geht –, gem. § 788 ZPO einen festsetzbaren Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zweitausfertigung, deren Entstehung er nicht hat vermeiden können, gegen den Schuldner hat.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht erfüllt sind.

Anmerkung

I. Anwaltsvergütung

1. Erteilungsverfahren

Das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung zählt für den Anwalt nicht mehr nach § 19 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 9 RVG zum Ausgangsverfahren, sondern ist bereits eine Vollstreckungshandlung i.S.d. Vorbem. 3.3.3 Nr. 1 VV. Der Anwalt erhält hierfür eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV nebst Auslagen und Umsatzsteuer.

Werden zugleich mehrere weitere vollstreckbare Ausfertigungen beantragt, liegt nur eine Angelegenheit vor.[1] Werden dagegen nacheinander mehrere weitere vollstreckbare Ausfertigungen beantragt, liegen jeweils gesonderte Angelegenheiten vor.

Der Gegenstandswert richtet sich nach § 25 Abs. 1 RVG. Maßgebend ist der Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich Zinsen und eventuell vorausgegangener Vollstreckungskosten.[2] Der Wert ist gegebenenfalls auf Antrag eines Beteiligten nach § 33 RVG festzusetzen.

2. Nachfolgende Vollstreckung

Nach § 18 Abs. 1 Nr. 5 RVG gilt das Verfahren auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung als besondere Angelegenheit, so dass der Anwalt hierfür die Verfahrensgebühr der Nr. 3309 VV gesondert neben den Gebühren für die anschließende Vollstreckung erhält. Das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung ist nicht lediglich eine Vorbereitungshandlung i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG.

 
Praxis-Beispiel

Der Anwalt wird beauftragt, wegen einer Geldforderung die Mobiliarvollstreckung zu betreiben. Da der Originaltitel beim Schuldner verloren gegangen ist, wird der Anwalt vorab beauftragt, eine weitere vollstreckbare Ausfertigung zu beantragen.

Es liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor. Das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung ist gegenüber der Durchführung der Zwangsvollstreckung eine besondere Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 5 RVG), so dass die Gebühren zweimal entstehen. Werden die Kosten für die weitere vollstreckbare Ausfertigung im Rahmen der Mobiliarvollstreckung als notwendige Vollsteckungskosten (s.u. III.) mit geltend gemacht, erhöht dies den Gegenstandswert der nachfolgenden Vollstreckung.

[1] AnwK-RVG/Wolf, 5. Aufl. 2010, § 18 Rn 45.
[2] OLG München JurBüro 1998, 326.

II. AGerichtsgebühren

Auch hinsichtlich der Gerichtsgebühren ist das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung eine gesonderte Angelegenheit, für die nach Nr. 2110 GKG-KostVerz. bzw. Nr. 1600 FamGKG-KostVerz. eine Festgebühr in Höhe von 15,00 EUR erhoben wird. Nur die erstmalige Erteilung...

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